US Route 66 – Get Your Kicks

2010

Chiren on Tour

Dieser erste Reisetag beginnt um 4.00 Uhr ziemlich früh und ich hatte vor Vorfreude kaum geschlafen. Um 5.00 war ich bei meinen Eltern, die mich zum Flughafen nach Düsseldorf bringen sollten. Kaum abgefahren bemerkte ich jedoch, dass ich mir die Spritze gegen Thrombose nicht gesetzt hatte und diese Spritze noch auf meinem heimischen Küchentisch weilte. Wir fuhren also noch mal zu mir, damit ich mir diesen medizinisch notwendigen Schuss setzen konnte. Um 6.00 waren wir dann am Flughafen. Der Check Inn verlief ohne Probleme. Ich verabschiedete meine Eltern und ging zur ersten Sicherheitskontrolle des Tages, die ich passieren konnte.

Um 9.00 begann das Boarding. Das Flugzeug erhob sich um 9.20 in Luft. Ich hatte die Nacht über nur unruhig schlafen können und hatte mir etwas den Nacken dabei verdreht. Der tat nun im Flugzeug etwas weh. Es hat sich sehr bewährt, das Portmonee in die vordere Hosentasche zu tun, so dass ich nicht die ganze Zeit darauf saß. Der Flug war aber mit 10 Stunden sehr lang und sehr langweilig. Ich hörte hauptsächlich Musik aus meinem Handy.

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Der Flieger landet um 18.45 unserer Zeit, was 12.45 Ortszeit in Atlanta entsprach. Es wird ein ewiges Rätsel der Reiseagentur bleiben, warum ich über Atlanta fliegen musste, um in den Norden der USA zu kommen. Nach der Landung kam die Immigration. Die Einreiseformalitäten mussten erledigt werden. Und das hieß warten, denn es gab viele Menschen, die in die USA einreisen wollten. Eine lange Schlange hatte sich gebildet. Als ich dann nach einer halben Stunde fast dran gewesen wäre, kam aus dem Lautsprecher die Ansage, dass jemand, der spanisch spricht, zu dem Schalter kommen sollte, vor dem ich wartete. Die Frau, die einreisen wollte, hatte wohl ein Problem mit den Papieren. Meine Ungeduld wurde dadurch gesteigert, dass ich leider immer noch rauche und dieses seit 10 Stunden nicht tun durfte. Hier an der Immigration natürlich auch nicht.

Dann durfte ich endlich den Pass vorzeigen. Ich legte zusätzlich alle 10 Finger nacheinander auf den Scanner. Der Computer glich die Dateien ab. Und danach fragte mich der Mann hinter der Glaswand, wo ich denn hin wollte. „Nach Kanada“, antwortete ich, was den Mann von der Zollbehörde etwas verwunderte. Er ließ mich nach einem sehr prüfenden Blick dann aber doch einreisen. Ein paar Hallen weiter konnte ich mein Gepäck in Empfang nehmen, um es in der nächsten Halle gleich wieder auf ein Band zu legen, denn es sollte wie ich ja noch weiter reisen. Dann gab es zur meiner Unterhaltung noch eine weitere Personenkontrolle. Der Rucksack wurde durchleuchtet. Ich musste meine Schuhe und den Gürtel ausziehen, woraufhin ich ebenfalls durchleuchtet wurde. Und das alles ohne die geringste Beanstandung und auch ohne die geringste Möglichkeit zu rauchen.

Auf Nachfrage hin – kein Schild wies darauf hin – habe ich dann ein kleines Hinterzimmer einer Bar gefunden, in dem man tatsächlich rauchen durfte. Auch ein paar GIs machten es dort gemütlich. „Vielleicht müssen die jetzt in den Irak oder Afghanistan“, dachte ich so bei mir. Als mein Glimmstängel zu Ende war, hatte ich es eilig, denn mein Anschlussflug flog am anderen Ende des Flughafens von Atlanta ab. Der Weg war weit, aber meine Nackenschmerzen waren auf einmal weg und Rückenprobleme kamen trotz des recht weiten Weges nicht dazu. Schnell hatte ich noch ein Baguette und einen Jogurt gekauft, da die Mahlzeiten im Flieger sehr übersichtlich waren. In der Heinecken Bar an diesem Ende des Flughafens durfte man auch rauchen, aber nirgendwo unterwegs. Willkommen in den Staaten.

Gegen 14.00 nach hiesiger Ortszeit begann das Boarding für den Flug nach Buffalo. Ich konnte nicht mal meinen Jogurt vollständig essen, weil die Immigration so lange aufgehalten hatte (Sicher, die Zigaretten auch). Nun flog ich mit einer deutlich kleineren Maschine als zuvor. Im Zielgebiet herrschte gutes Wetter und da der Pilot wohl eh eine Runde in der Warteschlange fliegen musste, drehte einen vollen Kreis direkt über den Niagara Fällen, der Grund, warum ich nach Buffalo gekommen war. Ein herrlicher Blick aus dem Fenster des Flugzeuges.

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Um 17.00 nahm ich nach geglückter Landung mein Gepäck in Empfang. Nun musste ich noch einmal kurz über die Straße und den Mietwagen abholen. Doch vorher legte ich eine kleine Zigarettenpause ein. Am Schalter der Mietwagenfirma erklärte man mir, dass die Einwegmiete nicht inklusive sei und ich $250 bezahlen müsste. Auch wenn ich das anders sah, musste ich zunächst mal bezahlen. In diesem Urlaub gönnte ich mir auch ein Navi – was mit $180 etwas teurer war als gedacht und sich durchweg gelohnt hat.

Um 18.00 stellte ich fest, dass der Hyundai, den man mir gegeben hat, zu Vibrationen neigt, wenn man schneller als 60 Meilen fährt. Das konnte aber auch an den Straßenverhältnissen hier liegen. Mit dem neuen Auto fuhr ich die kurze Strecke zum Hotel. Mit der elektronischen Hilfe war es kein Problem dieses zu finden. Aber zwischen Buffalo und dem Hotel lag die kanadische Grenze. Nachdem ich die Immigration hinter mir hatte, machte ich mir große Gedanken über die Einreise nach Kanada. Aber es hat nicht mal 5 Minuten gedauert und ich war in Niagara Falls (Canada).

Das Hotel war ein Hilton Hotel und deutlich eine Preisklasse über denen, wo ich üblicherweise absteige. Das Badezimmer verfügte über einen Whirlpool oder sowas und war mit einem Fenster mit dem Schlafzimmer verbunden. Zu Abend gegessen habe ich bei einem Italiener, der im Hotel seine Speisen anbot. Alle anderen Restaurants hatten bereits geschlossen. Es gab Brokkoli, Nudeln, die für meinen Geschmack etwas zu viel Knoblauch abbekommen hatten, und Chicken mit einer Honig-Balsamico Sauce. Wenn man diese Zusammenstellung liest, denkt man zunächst, dass das überhaupt nicht schmecken kann. Aber es war lecker.

Um 20.00 Ortszeit – 2.00 Uhr deutscher Zeit – hab ich kurz meine Eltern geweckt, um ihnen per Telefon zu sagen, dass ich heile im Hotel angekommen bin.

Etwa zur selben Zeit konnte ein isländischer Vulkan dem Druck nicht mehr standhalten und versprühte Asche. Diese Aschewolke legt den gesamten Flugverkehr in Europa lahm… Ich bekam davon allerdings nicht das Geringste mit.

2. Tag

Der Jetlag schlug zu. Ich konnte nicht schlafen, so dass ich um 4.00 Ortszeit in das Casino gegenüber vom Hotel gegangen bin, um dort zu frühstücken. Es gab Sandwiches. Ich hatte während der Reisevorbereitung im Internet von der farbigen Beleuchtung der Niagara Fälle gelesen. Da es jetzt noch dunkel war, schien das eine gute Möglichkeit zu sein, diese Illumination zu sehen. Das wäre sie auch sicherlich gewesen, wenn die Fälle denn erleuchtet gewesen wären, was sie aber nicht waren. So ging ich etwas enttäuscht den kurzen Weg zurück zum Hotel. Ich bemühte mich, eine zweite Mütze Schlaf einzuwerfen.

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Gegen 10 Uhr frühstückte ich dann noch mal im Watermark -Restaurant, dass sich in den obersten Stockwerk des Hiltons befand und von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Fälle hatte. Ich genoss die Aussicht. Kurz danach checkte ich aus und fuhr zu den Niagara Fällen. Genauer fuhr ich zu der oberen Kante der Fälle, dem sogenannten Table Rock. Dort machte ich die üblichen touristischen Fotos und ließ mich selbst von anderen Touris vor dieser beeindruckenden Kulisse knipsen. Einen Kaffee im Restaurant später hatte ich eine Postkarte für die Daheimgebliebenen gekauft und geschrieben.

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Dem geographiekundigen Menschen wird ausfallen, dass die Niagara -Fälle nicht an der Route 66 liegen. Ich hatte mir noch dieses Extraprogramm gegönnt, um eine Tour nahezu Coast to Coast zu machen. Die Fahrt führte mich am heutigen Tag nach Toronto. Diese Strecke war relativ kurz. An einer Tankstelle hatte ich mir frisches Wasser und ein Sandwich gekauft. Mittags machte ich Pause auf dem Parkplatz von Mc Donalds. Ich hatte es geschafft, mich trotz Navi häufig zu verfahren, weil nie so ganz klar war, welche Abfahrt die nette Frauenstimme denn nun meinte. Obwohl die Stimme auf eine schöne Besitzerin dieser schließen ließ, ging mir das Gelabere schon nach 50 Kilometer so auf die Nerven, dass ich den Ton abstellte. Ich legte stattdessen eine CD ein. Ich hatte große Bedenken gehabt, was die Versorgung mit Musik auf der Strecke betraf. Mein Handy ist gleichzeitig ein MP3-Player und ich wollte ursprünglich von diesem Ding Musik hören. Ich hatte mir sogar extra ein Kabel dafür mitgenommen. Jetzt vor Ort bin ich aber glücklich, den ganz Umstand nicht machen zu müssen, da das Auto auch über einen ganz normalen CD-Player verfügt. Weniger gut an dem Wagen ist, dass er nach wie vor ab 60 Meilen pro Stunden anfängt zu vibrieren.

Gegen 15.00 kam ich in Toronto an und stellte fest, dass das Hotel über keinen Parkplatz verfügte. Es hat nur eine Tiefgarage, die man mit $25 pro Tag bezahlen musste. Das Hotel lag mitten in der Stadt. In dem modernen Gebäude gab es auch einen Starbucks, wo ich einen Kaffee und einen Brownie kaufte, um ihn auf dem Zimmer zu verspeisen. Auf dem Zimmer angekommen musste ich feststellen, dass ich den Brownie an der Kasse liegengelassen hatte, so dass ich nochmal runter musste.

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Von der Lobby aus rief ich bei der Hotline von Alamo an, um von meinem fahrenden Vibrator zu erzählen. Es war etwas schwierig, den richtigen Ansprechpartner zu finden und ich musste mich durch mehrere Warteschlangen kämpfen. Als ich einen halbwegs kompetenten Gesprächspartner auf der anderen Seite der Leitung hatte, meinte dieser, dass dieser Defekt nicht gefährlich sei. Den Wagen in Kanada zu tauschen sei unmöglich, da ich ihn in den USA gemietet hätte. So blieb mir nichts anders übrig als vorzuschlagen, ihn in Detroit zu wechseln. Ich solle mich dann nochmal melden, meinte der Herr von Alamo .

Gegen 17.00 machte ich mich auf, die Stadt Toronto zu Fuß zu erkunden. Es war ein warmer Tag und die Sonne schien. An der Rezeption bekomme ich mit, wie ein Einheimischer ob der recht hohen Temperaturen sagt:“ Not bad for a rainy rain.“ Die Meteorologen hatten Regen angesagt. Ich ging ein paar Blocks und setze mich auf meinem Weg immer mal wieder auf eine Bank, die es hier zahlreich gab. So langsam begann ich meinem eigentlichen Ziel der Reise näher zu kommen, nämlich in den Flow zu kommen.

Es ist schwer zu beschreiben, was dieses „in the Flow“ genau meint. Ich habe den Begriff aus einem Forum für Weltreisende. Manche Menschen machen Weltreisen so, dass sie möglichst viele Orte besichtigen wollen und hauen sich ihr Programm so zu, dass sie mehr Stress haben als auf der Arbeit. Der Flow bedeutet, mit der Seele langsam in dem neuen Land, in der neuen Stadt anzukommen, die Atmosphäre in sich aufzunehmen und den Augenblick zu spüren. Das gelang in Toronto schon ganz gut.

Ganz ohne Programm war der Nachmittag aber dann doch nicht. Es ist einfach Pflicht, in Toronto den CN-Tower zu besuchen, der auch nicht allzu weit von meinem Hotel entfernt war. Er ist das höchste freistehende Gebäude der Welt – wenn die Existenz von Dubai einen Moment vergisst. Der Aufzug geht außen am Turm nach oben und das mit einer ziemlich großen Geschwindigkeit. Oben hat man eine tolle Aussicht über ganz Toronto.

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Zum Glück habe ich keinerlei Höhenangst, denn sonst hätte das Highlight hier oben wohl einige Probleme bereitet. Im Fußboden der Aussichtsplattform wurde an einer Stelle der massive Fußboden durch hoffentlich ähnlich stabile Plexiglasscheiben ersetzt, so dass man dort einen ungehinderten Blick bis zum Fuße des Turms genießen konnte. Ein bisschen mulmig wird es einem da schon. Ich machte ein paar Fotos.

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Anschließend schlenderte ich bei wie gesagt herrlichem Wetter ein bisschen durch Toronto und gelangte zum Bremmer Blvd ., wo ein paar alte Lokomotiven standen. Mir gefiel die Stadt sehr gut. Wirklich im Flow ging ich langsam zurück zum Hotel.

Gegenüber vom Hotel war ein Italiener. Ein nettes Mädchen stand davor und pries ein „Three Courses Dinner“ an. Ich beschloss, dieses zu probieren. Es gab einen Caesar-Salad , Hähnchen und Tiramisu, dazu kleine Stücke Pizza, Wasser und Kaffee. Das besondere aber war das Gemüse, was dazu serviert wurde. Es gab Brokkoli und er schmeckte nach Brokkoli. Es gab Möhren und die schmeckten wie Möhren und der Blumenkohl war genauso. In Deutschland schmeckt das alles irgendwie ähnlich und nach Wasser. Das war wohl echte Bio-Ware. Bei der Zigarette nach dem Essen, die ich natürlich nur draußen rauchen dufte, sprach oder vielleicht sogar flirtete ich ein wenig mit dem hübschen Mädchen, das als Eye-Catcher Gäste ins Restaurant locken sollte.

Um 19.30 ging es zurück ins Hotel. Dem Jetlag geschuldet kippte ich wie Tod ins Bett.

3.Tag

Auch wieder aufgrund des Jetlags war ich bereits um 6.00 Uhr wach, aber im Hotel gab es erst ab 7.00 Frühstück. Im Ausland bin ich immer etwas skeptisch, was das Frühstück angeht, da ich so an meine deutsche Schnitte Brot mit Wurst und eine Tasse Kaffee gewöhnt bin. Aber in diesem Hotel war das Frühstück einfach super. Es gab Cornflakes mit Rosinen und Milch und dazu einen großen Teller mit frischem Obst (Weintrauben, Ananas, Melone, Honigmelone, Mango und Orange). Den leckeren Jogurt dazu sollte man auch noch erwähnen.

Um 8.00 habe ich ausgecheckt. Im Internet hab unter Sehenswürdigkeiten in Toronto Casa Loma gefunden und viele Beschreibungen dazu gelesen. Wörtlich aus dem Spanischen übersetzt heißt es Haus am Berg und genau das ist es auch. Der Garten des alten Gemäuers soll sehr schön sein. An der Rezeption des Hotels war Casa Loma kein Begriff. Selbst mein Navi war überfragt, so dass ich mich auf dem Weg dorthin etwas verfahren habe. Dort angekommen musste ich feststellen, dass das Haus wohl gerade umgebaut wurde und sich ein praktisches – aber hässliches – Gerüst am Haus befand. Das Wetter war heute auch nicht so gut wie gestern, denn es kamen ab und zu ein Tropfen Regen vom Himmel. Auf einem Schild am Casa Loma stand, dass das Haus mit Garten erst ab 9.30 zu besichtigen wäre, was in einer Stunde gewesen wäre.

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Ich beschloss, ein paar Fotos von außen zu machen und mich auf meine erste Überlandtor zu begeben. Heute geht es zurück in die USA. Das Ziel des heutigen Tages ist Detroit und somit lagen ca. 500 Kilometer vor mir. Zunächst fuhr ich jedoch auf Nebenstraßen aus Toronto heraus. Es fing nun richtig an zu regnen. Aprilwetter eben.

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Ab dann ging es auf der Autobahn Richtung Detroit. Mein erster Stopp an diesem Tag war bei einem Mc Donalds, um dort einen Muffin zu essen und einen Kaffee zu trinken, wobei ich einen kleinen Kaffee bestellte, was für Amerikaner dann 0,3 l Kaffee bedeutet. Während der Fahrt stellte ich fest, dass mein Auto über XM verfügt, was vermutlich digitales Radio ist. Bei diesem XM gibt es über 100 Sender, die nach Kategorien sortiert sind. Zunächst hörte ich Elektro , was ein bisschen wie Techno war, um dann auf typisch amerikanische Musik zu dem Sender Nashville zu wechseln.

Der zweite Stopp diente dem Tanken, was ohne Probleme funktionierte. An der Zapfsäule die Kreditkarte in den Schlitz, warten, Tankrüssel in den Tank und die Benzinsorte wählen und Griff ziehen. Alles ganz einfach. Ich habe mich stets für den etwas teuren Premium-Sprit entschieden, weil das dem Motor einfach besser bekommt. Und ich wollte ja ein paar Kilometer fahren.

Es war während der Fahrt schon die ganze Zeit immer ein bisschen kälter geworden. Aber kurz nach dem zweiten Stopp fing es auf einmal an zu schneien. Gestern noch 20 Grad in Toronto, jetzt ein kleiner Schneeschauer. Ich hatte auch beim Tanken mächtig gefroren, weil ich klamottentechnisch nicht auf so tiefe Temperaturen eingestellt war. Und die Gegend war ziemlich einsam. Rund herum einfach nur Wildnis.. Man bekam nicht wie in Nord-Norwegen wirklich das Gefühl, alleine zu sein, weil auf der Strecke viele andere Autos waren, aber von Zivilisation ist hier erst mal nichts zu sehen. Ich stieg musikalisch auf Schiller von CD um.

Ich sah ein Schild auf dem stand, dass es die nächsten 120km kein Benzin an den Service Stationen geben würde. An einer hielt ich trotzdem wegen der notwendigen Nikotinzufuhr an und fror entsetzlich. Es gab dort nur Automaten mit Süßigkeiten. Nichts anders zu essen und auch keine Menschen als Bedienstete eines Restaurant oder so. Der Rastplatz war leer. Ich hatte nichts gekauft. Nur weg hier.

Laut meinem Navi waren es jetzt nur noch wenige Kilometer bis nach Detroit. Aber auf der ganzen Fahrt bis hierhin hatte ich nicht ein Schild mit einem Hinweis auf Detroit gelesen. Ich hielt an, als ich eigentlich nur noch 30 Kilometer vom Ziel entfernt sein sollte. Zum Glück hatte ich zusätzlich zum Navi noch einen altmodischen Atlas aus Papier dabei, der mir sagte, dass ich richtig war. Ich war sehr am Zweifeln.

Die Autobahn endete in Windors . Kurz vor der Grenze war ich noch bei KFC eingekehrt und hatte unmittelbar danach beschlossen, das nie wieder zu tun. Ich hatte 2pc Meals gegessen. Das Zeug war ekelig fettig. Das war mal richtiges Junk Food.

Dann ging es über die Brücke in die USA. Am Ende der Brücke wartete nun die unvermeidliche Zollkontrolle. Den Beamten wunderte zunächst, dass ich mit einem Mietwagen, der ein Kennzeichen aus Virgina (Ostküste) hatte, unterwegs war. Außerdem war er misstrauisch, weil ich alleine unterwegs war. Er stellte mir viele Fragen. Das reichte ihm aber noch nicht. Er ging aus seinem Häuschen raus, bat mich den Kofferraum zu öffnen und er durchsuchte meinen Koffer. Anschließend wollte er nochmals meinen Reisepass sehen. Schließlich noch den Mietwagenvertrag, der mich noch verdächtiger machte, weil ich den Wagen erst in L.A. – ziemlich weit weg von hier – wieder abgeben sollte. Nachdem ich ihm noch meine Hotelreservierung für das Hotel in Detroit gezeigt hatte, ließ er mich endgültig in das gelobte Land USA.

In Detroit habe ich mich natürlich wieder verfahren. Um 16.30 kam ich an meinem Hotel an. Es lag direkt an der Autobahn und war damit gleich ein paar Kategorien schlechter als die bisherigen. Ich trank einen Kaffee und aß dazu einen Danish (Keks mit Marmelade in der Mitte) und einen Muffin . Die Bedienung war wieder recht ansehnlich. Ich tauschte mein reserviertes Zimmer gegen einen Smoker Room und machte Siesta.

Ich freute mich am Abend auf meine ersten Rips auf diesem Trip. Zunächst brachte die Bedienung einen sehr leckeren Salat. Vom Hauptgericht brachte sie mir eine besonders große Portion. Ich muss wohl hungrig ausgesehen haben. Und dann kostete ich das Essen …. Ich hab nicht mal die Hälfte gegessen. Das Fleisch hatte eine Konsistenz, als wäre es gekocht gewesen. Nichts mit cross grilled , und ganz weit entfernt von knusprig. Ich konnte es nicht essen. Ich habe es auch stehen lassen und stattdessen nur einen Kaffee getrunken. Das Zeug war so ekelig, dass mir auch der Appetit auf etwas anderes zu essen, vollkommen vergangen war. Nur die nette Bedienung tat mir etwas leid, weil sie untröstlich schien, dass einem Gast ihr Essen nicht schmeckte. Na ja, die Baked Potatoe war ganz brauchbar.

Ich hatte ursprünglich vorgehabt, in Detroit in DIA zu gehen. Das lag aber entgegengesetzt zu meiner morgigen Fahrtroute am anderen Ende der Stadt und öffnete erst um 10.00. Da ich am morgigen Tag auch wieder 500 Kilometer vor der Brust hatte, beschloss ich, die Kultur ausfallen zu lassen.

4. Tag

Das Frühstück bestand aus einem Sandwich und Früchte. Der Ofen war defekt. Also tauschte die Bedienung die Kartoffeln gegen Obst. Die Amerikaner frühstücken nämlich ganz anders als der durchschnittliche Deutsche. Es gibt in Amerika Eier als Rühr- oder Spiegelei, dazu Bacon (also Speck), Kartoffeln, manchmal auch Würstchen, wie gesagt zum Frühstück. Selbst zu Sandwiches gibt es am Morgen Kartoffeln. Heute durfte ich meinen Frühstückskaffee mit einer Zigarette genießen, was äußerst selten war, weil in Amerika noch strengere Gesetze als Europa hat, was das Rauchen angeht.

Von der Rezeption aus verschickte ich meine erste Postkarte nach Deutschland. Kurz nach Verlassen des Hotels folgte das zweite Mal Tanken auf der Tour. Optimistisch schob ich meine Kreditkarte in den Schlitz. „ Remove Quickly “ antwortete die Maschine und dann meinte sie: „ Enter Zip -Code !“ „ Das ist eine Sicherungsmaßnahme“ erklärte mir der Mann im Verkaufsraum, den ich in meiner Ratlosigkeit um Hilfe bat. „Bei Kreditkarten aus dem Ausland funktioniert diese Abfrage aber leider nicht.“ Meinte der Mann weiter und schaltete mich frei. Als Sicherheit musste ich meine Kreditkarte unbeaufsichtigt im Verkaufsraum zurücklassen. Etwas wovor immer gewarnt wird. Half aber nichts, ich brauchte Benzin. Dann kam das nächste Problem, der Tankrüssel passte nicht richtig und der Benzinfluss stoppte immer mal wieder. Der Mann musste schon immer helfen. Und ich kriegte nur 4 Gallonen in den Tank.

Nun konnte ich aber endlich meine Fahrt nach Chicago aufnehmen. Unterwegs machte ich einen Zigarettenstopp. Es war wieder etwas wärmer als gestern. Weit wärmen als in Kanada, wo es den Schneeschauer gab. Die Sonne schien. Gegen Mittag bekam ich Hunger. Nun ist es in Amerika so, dass es dort an Autobahnen keine Rastplätze nach deutschem Verständnis gibt. Man hat es in der Regel mit Parkplätzen mit Vending Maschines zu tun (Süßigkeitenautomaten ). Wenn man was essen will, muss man den an jeder Ausfahrt vorhandenen Schildern zum nächsten Mc Donalds, Wendy oder wie in diesem Fall Subway folgen. Ich folgte und verfuhr mich natürlich wieder. So gelangte ich in einen kleinen Ort abseits des Highways. Auch wenn ich den Subway nicht fand, fand ich schöne blühende Bäume und eine wunderschöne Ruhe in diesem beschaulichen Örtchen, dessen Namen ich nicht kenne.

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Ich fuhr zurück zum Highway und versuchte erst mal Kilometer zu machen. Später am Tage kam der Hunger wieder, denn mittags hatte ich ja nichts gegessen und diesmal folgte ich einem Schild nach Wendy’s . Den Laden fand ich auch. Dort verspreiste ich eine Single ¼ Combo. Auch wenn ich noch aus meinem vorigen Trip in die Staaten weiß, dass die Burgers von Wendy’s die besten sind, wenn man die anderen Fast-Food-Ketten als Vergleich heranzieht, musste ich nach diesem Besuch sagen: „ Ich werde versuchen auf Fast-Food zu verzichten.“

Da ich mir die CDs leidgehört hatte, spielte ich wieder mit meinem Autoradio rum und durchsuchte XM nach was Interessantem. Ich blieb bei Hair Nation hängen, weil dort ein ganz brauchbares Gitarrensolo gespielt wurde. Wie sich im Laufe der Fahrt herausstellte, bezog sich der Name des Senders auf die heutzutage ziemlich merkwürdig anmutenden Frisuren der Heavy Metal Bands in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dieser Sender hatte es sich zur Aufgabe, dass Bands wie Whitesnake , Bon Jovi nicht völlig in Vergessenheit geraten und spielte Poser-Metal der 80er. Einmal hat sich der DJ wohl vergriffen und es erklang Megadeth mit Hangar 18, was aber wohl ein Versehen war.

Meinen 4. und letzten Stopp machte ich bei Starbucks, genoss einen Brownie und Kaffee. (0,3 l small ), der mehr Koffein als Wasser enthielt. Ich habe immer noch Probleme mit der Zeitumstellung und auch mit dem sich ständig änderten Klima. Es wurde im Verlauf des Tages immer wärmer. Den Kaffee hab ich mit Rücksicht auf mein Herz nicht ganz getrunken und den Brownie nahm ich mit – man weiß ja nicht, wann man was zu essen kriegt.

Auf der Strecke rein nach Chicago – das Ziel der heutigen Etappe – musste ich Maut bezahlen. Auch wenn mein Navi das Hotel schnell gefunden hat, hab ich es an der angegeben Stelle nicht sofort gefunden. Ich bin ein paarmal im Kreis gefahren, wobei ich dringend ein stilles Örtchen gebraucht hätte. Als ich aber dann doch ankam, fuhr der Bedienstete des Hotels meinen Wagen weg zum Parken. Das Zimmer, was ich bekam, war herrlich. Ich hatte eine wunderschöne Aussicht über Chicago. Allerdings war es ein No-Smoker-Room . An der Rezeption des Hotels wartete dann eine Überraschung auf mich. Die Reiseleitung hat mir ein großes Paket geschickt, in dem die Reiseunterlagen für die weitere Tour waren … denn erst jetzt in Chicago war ich auf der eigentlichen Reiseroute.

Nach ein bisschen Pause machte ich mich auf, Chicago zu Fuß zu erkunden. Es bot sich an, zunächst zur Lake Side am Lake Michigan zu gehen. Dort saß ich auf einer Bank, versuchte das Flow-Gefühl wieder zu bekommen, trank dabei eine kalte Coke und rauchte. Es war den ganzen Tag sonnig und warm. Aber wenn die Sonne weg war oder wenn man sich im Schatten befand, konnte es recht frisch werden. Chicago hat eine tolle Skyline

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und wirkt auf mich sehr modern. Die vielen Jogger und andere Sportbegeisterte erweckten das Gefühl, dass es sich auch um eine fitte und ökologische Stadt handelt. In meinen Gedanken war Chicago – hier am Lake Michigan – ein gutes Beispiel dafür, wie eine Stadt in 50 oder 100 Jahren sein sollte. Aber der Wind vom See her war kalt.

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Da ich heute schon genug im Auto gesessen hatte, ging ich noch ein wenig spazieren. Immer am Lake Michigan entlang zum Aquarium, das ich am morgigen Tag besuchen will und weiter zum Field Museum, einem Naturkundemuseum. Das Museum schloss leider schon, sonst hätte ich es mir gerne angeschaut.

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Der Weg führte mich weiter durch den Tunnel zurück, durch den ich zur Lake Side gekommen war, und von da aus zur Buckingham-Fontaine.

Und am Buckingham-Fontaine beginnt sie, die Route 66.

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Wieder zurück an der Lake-Side war ich gleichzeitig vollkommen durchgeschwitzt vom Laufen, das ich bei meinem Bürojob zu Hause nicht gewöhnt bin, und fröstelnd aufgrund des kalten Windes vom See her. Ich aß noch ein sehr gutes Hot Dog mit polnischer Bratwurst. In Amerikaner gibt es mehrere Abstufungen von Fast-Food. Burgers von Fast-Food-Ketten, dann Hot-Dogs, dann Rips von Ketten usw. Ein frisch-gemachtes Hot-Dog Chicago-Style ist kein Junk-Food, sondern Kulturgut. Als ich wieder im Hotel bin, war ich insgesamt 2,5 Stunden auf den Füßen. Mein Rücken sagt keinen Ton. Meine Waden tun ein bisschen weh. Und je später der Nachmittag war, desto kälter wurde es.

Im Hotel gönnte ich mir beim Chinesen, der das Restaurant des Hotels betrieb, Jogurt mit Früchten und ein Sandwich to go . Dazu gab es noch den Brownie von heute Nachmittag. Das war mein Abendessen. Ich versuchte noch eine SMS an meine Lieben zu schicken, was aber misslang. Als ich zufällig auf die Uhr in meinem Hotelzimmer schaue, fällt mir auf, dass diese mit meiner Armbanduhr nicht übereinstimmt. Es gibt, wie ich an der Rezeption erfahren habe, eine Stunde Zeitverschiebung zwischen Detroit und Chicago. Und ich hatte mich gerade so langsam an die detroiter Zeit gewöhnt. Um 7.00 p.m. kippe ich platt wie Brötchen ins Bett.

5.Tag

Mein Hotelzimmer war ein No-Smoker-Room , so dass darin nicht rauchen durfte. Gestern Abend bin ich recht zeitig zu Bett gegangen. Es kam also zu der vertrauten Situation, dass ich morgens mit ziemlich viel Lungenschmacht vorm Frühstück eine Zigarette genießen wollte und mich vor das Hotel begab. „ I think I can fly “ hab ich in mein Notizbuch geschrieben und ich wurde bei dieser Gelegenheit daran erinnert, dass Zigaretten auch zu den Drogen zählen. Nachdem sich das Drehen im Kopf etwas gelegt hatte, ging ich frühstücken. Es gab auf der Karte des Chinesen nur ein Gericht ohne Ei, nämlich eine „Fruit Platter with Yougurt “ und die habe ich dann auch genommen.

Nachdem guten Frühstück machte ich auf zum ersten Ziel des heutigen Tages, den ich ohne das Auto zu benutzen in Chicago verbringen wollte. Zu Fuß ging es nämlich zum Aquarium, wobei ich mir an der Lake Side noch eine Zigarette gönnte. Vor dem Aquarium konsumierte ich noch eine Coke. Der Eintritt war mit $24 recht teuer. Die Fische sind dort in vielen Aquarien nach Weltregionen sortiert. Ich staunte mal wieder über die Schönheit der Farben und Formen. „Das sieht wunderschön aus.“ dachte ich bei mir, „ aber warum ?“ Unter normalen Umständen würde ein Mensch, für dessen Augen diese Unterwelt so prächtig aussieht, diese Pracht niemals sehen. Warum hat Gott sie dann für uns so schön gemacht ? Oder war das gar nicht für uns Menschen und Fische haben auch ein ästhetisches Empfinden? Diese Frage kann ich wohl nicht lösen. Auf jeden Fall waren erstaunlich viele Kinder im Aquarium. Ich finde es gut, dass der Playstationgeneration auch echte Natur gezeigt wird. Ich machte einen Zwischenstopp auf der Besucherterrasse, weil im Aquarium Rauchen strikt untersagt war.

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Auf dem sogenannten Ottertrail habe ich tatsächlich einen Otter gesehen. Dafür war ich allerdings nicht Delphinarium, weil das extra Geld gekostet hätte. Außerdem hatte ich gehört, dass diese Shows mit den intelligenten Meeressäugern für diese eher eine Qual sind, so dass ich die Show auch gar nicht sehen wollte. Im Underwater Viewing konnte ich aber dann doch einen Blick auf das chinesische Glückssymbol werfen. Auch Belugas werden hier in Gefangenschaft gehalten. Sogar Haie gab es hier zu bestaunen. Ich hatte jetzt schon einige Aquarien gesehen und musste sagen, dass dieses hier sehr amerikanisch war. Viele Themenbereiche waren zu bestaunen und es war sehr viel kommerzieller aufgebaut als zum Beispiel das Ozeanografic in Valencia. Ich finde, dass dieses Aquarium hier mit den großen in Europa nicht mithalten kann, obwohl es mir gut gefallen hat.

Nach dem Aquarium hab ich mich gegen das Field Museum entschieden, während ich mir noch mal einen Hot Dog Chicago Style gönnte. Ich ging stattdessen zu Fuß an der Lake Side spazieren, um zu dem New Pier auf der anderen Seite der Bucht zu kommen. Etwa auf halber Strecke merkte ich jedoch, dass der Weg wohl zu weit war. Ich ging dann Richtung Buckingham Fontain . Bei herrlichem Sonnenschein erreichte ich schließlich den Milleniumsplatz. Dort erwartet mich zunächst eine kleine Oase mit wunderbaren, blühenden Blumen.

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Diese Gegend ist nicht weit entfernt vom Institute of Art und somit wurde auch viel Kunst geboten, was den besonderen Charme von Chicago noch verstärkte. Auf einem weiteren Platz sah ich dann etwas, was mich spontan an einen Film erinnerte, nämlich an Sphere , in dem eine mysteriöse Kugel eine Rolle spielt, die aus einer anderen Welt kam und die man nicht öffnen konnte. Sie spiegelte alles, was um sie herum war. Genau daran dachte ich bei diesem komischem Ding.

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Von da aus ging ich zurück zur Michigan Avenue. Auf einem weiteren Platz gab es noch mehr Kunst.

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Herrlich das plätschernde Wasser bei dem warmen Wetter. Unterwegs auf dem Weg zurück zum Hotel habe ich mir noch eine Pizza im Karton gekauft, die ich mit auf eine Bank im Grünen genommen habe, sie verspeiste und mich dabei sonnte. Eine schöne kalte Coke rundete den perfekten Moment in Chicago ab. Ja, genauso fühlt es sich an, wenn man in dem Fluss einer Stadt angekommen ist, wenn man das Flair aufgenommen hat. Ich relaxte auf meiner Bank und war glücklich. Wirklich zufrieden mit allem. Allem ? Nun ja, die Füße taten etwas weh, da ich heute Morgen um 8.30 das Hotel verlassen hatte und wir es jetzt fast 14.00 Uhr hatten. Und ich habe leichtsinniger Weise meine Baseballkappe im Hotel gelassen, weil ich dachte, dass ich sie im Aquarium nicht bräuchte. Das rächte sich nun mit einem Sonnenbrand auf der Stirn.

Zwischen der Park und dem Hotel lag noch ein Souvenirshop, in dem eine Postkarte von Chicago kaufte. Kurz nach Verlassen des Ladens spricht mich ein Bettler an, ob ich ihm einen Dollar geben würde. Ich tat das nicht und es gibt sicher 1000 gute Gründe einem Bettler kein Geld zu geben, aber ich fragte mich auf meinem weiteren Weg zurück zum Hotel, ob ich richtig gehandelt hatte. Neben dieser Frage drängte sich ein neues Problem in mein Bewusstsein. Meine Kippen gingen zur Neige und ich brauchte Nachschub. Da es in den USA aber keine Kioske wie bei uns gibt, war die alles entscheidende Frage, wo gibt es das Zeug? Eine Antwort war leicht, an Tankstellen, aber die gab es hier mitten in der Stadt nicht.

Als ich zufällig sehe, wie eine Frau sich im Hauseingang neben mir eine Kippe anzündet, frage ich sie ganz höflich, wo ich diese käuflich erwerben könnte. „ Im Drugstore“ war die Antwort, auf die ich auch selbst hätte kommen können. Die Frau bot mir aber gleich eine Zigarette von ihren an. Dort kostet die Schachtel etwa $8, also mit unseren Preisen durchaus vergleichbar.

Danach machte ich Siesta im Hotel und füllte die Postkarte mit einem passenden Text, womit sich das nächste Problem auftat. Woher Briefmarken nehmen? An der Rezeption hatten sie schon mal keine. Ich wurde schließlich wieder in einem Drugstore fündig, allerdings konnte ich nur 20 Briefmarken auf einmal kaufen. Und dann ein noch schwierigeres Problem. Wo ist ein Briefkasten? Wie sehen Briefkästen in Chicago überhaupt aus? In meiner Ratlosigkeit schaute ich mich um und sah einen Mann in Uniform in ein Gebäude gehen. Ich folgte ihm, stellte fest, dass es ein Feuerwehrmann war und der wusste doch tatsächlich, wo ein Briefkasten ist. Ich fand ihn und warf den Brief ein. Dann wieder Siesta im Hotel.

Abends beim Chinesen gab es Spring Rolls und Pork sweet + sour . Wie man es eben vom Chinesen kennt. Danach hab ich geschlafen.

6. Tag

Der Tag begann wieder mit gleichem gutem Frühstück wie gestern, also Fürchten mit Jogurt. Während ich zu Fuß zu einer Bank gegangen war, die eine ATM hatte, war ich etwas traurig, diese schöne Stadt Chicago verlassen zu müssen. Nachdem der Hotelbedienstete meinen Wagen vom Parkplatz geholt hatte, nutzte ich eine sehr praktische Funktion meines Navis , das anzeigen konnte, wo sich die nächste Tankstelle befand. Dort nahm ich dann Benzin auf.

Wie gesagt begann die Reise eigentlich erst jetzt. Mein Programm für die nächste Zeit war es, der Route 66 vom Anfang – hier in Chicago am Buckingham Fontain – bis zu deren Ende am Santa Monica Pier in LA zu folgen. Ich werde die Main Street of America fahren. Nun war es so, dass es die Route 66 eigentlich gar nicht mehr gibt. In den 1970er Jahren hat man damit begonnen, Autobahnen (Interstates) zu bauen, auf denen man viel schneller nach Kalifornien kommt. Trotzdem haben es sich einige Heimatvereine zur Aufgabe gemacht, jeweils ein Stück der Tradition der Route 66 zu erhalten. Ich erreichte die Straße zum ersten Mal in Juliet.

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Genauer Union Station. Leider war meinem Navi die Route 66 nicht bekannt, so dass ich mir meine Strecke selber suchen musste. Die Straße hatte ihre beste Zeit in den 1950er Jahren und zu dieser Zeit waren gerade die Amerikaner sehr verrückt nach allem, was mit dem Weltraum zu tun hatte. Der Wettkampf um die Vorherschaft im All, den man mit den Sowjets ausgefochten hatte, war im vollen Gange. Die Nasa suchte zu dieser Zeit nach einem Maskottchen, wenn man das so nennen darf und machte einen Wettbewerb, wie dieses denn nun heißen möge. Die Wahl fiel auf Gemini. In der Gemeinde Wilmington hatte sich ein Besitzer eines Imbiss gedacht, auf diesen Zug aufzuspringen und hat vor seinem Geschäft eine riesige Figur aufgestellt, der als Gemini Giant bekannt wurde. Das war mein erster Fotostopp, als ich die ersten Meter auf der historischen Route gefahren war.

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Weniger Kilometer weiter hab ich meine Mittagspause gemacht. Auch in den 1950er Jahren kamen die ersten Drive-In Restaurants in Amerika auf. In so einem historischen Gebäude hab ich ein White Meal gegessen, was aus hellem Hähnchenfleisch besteht. Von außen begrüßten mich schon große Plastikfiguren, die auf die Rock‘n’Roll Vergangenheit dieses Hauses hinwiesen.

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Ja, man kann sagen, dass das alles ziemlich kitschig ist. Ja, es ist reine Plastikkultur. Aber irgendwie hat das alles auch unheimlich viel Charme. Ich bin in den 1970er geboren und ich fühlte mich in die Zeit meiner Eltern zurückversetzt. In der Imbissbude war zudem noch eine kleine Musikbox an jedem Platz.

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Und eine große Wurlitzer nicht weit vom Tresen entfernt. Das alles wirkte wie in einer Zeitkapsel direkt aus den 1960er Jahren in die Gegenwart transportiert. Und genau das ist der Charme der Route 66. Sie ist die große Zeit des Rock’n’Roll – mit ziemlich viel Kitsch.

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Da mein Navi mich bei der Streckensuche nicht unterstützte, kam auch an diesem Tag der Zeitpunkt, wo ich mich wieder verfahren hatte und die ursprüngliche Strecke der Route 66 nicht wiederfand. So wich ich auf die Interstate aus und machte erst mal ein paar Kilometer. So historisch wie die Route ja auch ist, wirklich voran kommt man auf ihr nicht.

In Pontiac nahm ich die Spur aber wie auf und besuchte ein Route 66 Museum, von denen es an der Strecke recht viele gibt. Es war schon immer so, dass diese Straße brillant vermarktet wurde und somit ist es auch kein Wunder, dass viel Werbung mit diesem Markennamen verbunden ist. Viel von diesen Werbeikonen waren in diesem Museum zu sehen. Hätte man nicht gewusst, worum es dort geht, hätte es auch gut eine Ausstellung vom Thema Pop-Art sein können. Irgendwie musste ich auch an Warhols Tomatensuppen denken, als ich dieses sehr niedliche Exemplar einer Werbung aus längst vergangener Zeit sah.

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Es ging danach weiter auf der Route. Ich hatte nun wieder historischen Asphalt unter meinen Rädern. Sicher wäre ein 57 Chevy oder eine Harley das bessere Gefährt für diese Tour als mein Hyundai, aber auch so wirkte langsam der Mythos. In Bloomington hielt ich bei einem Subway und aß einen Keks mit Macadania -Nuss und genoss einen Kaffee. Es war sehr warm geworden. Dort beschloss ich, die restliche Strecke bis zum Hotel in St Louis auf der Interstate zu fahren, denn es dauerte auf der Route einfach zu lang.

Um 14.30 war ich wieder auf dem Highway und hatte mein Navi wieder in Betrieb genommen. An einem Rastplatz hielt ich an, weil die Hitze nun deutlich zunahm und ich dringend Flüssigkeit brauchte. Auch an diesem Rastplatz gab es wieder nur Vending Machines. Diese nahmen nur $1-Bills und keinen $20 Dollar Bill, den die ATM in Chicago ausgeworfen hatte. Der Wechselautomat hatte eine Höchstgrenze von $10. Ein Mann saß vor seinem Wagen und ich fragte ihn höflich, ob er mir die $20 wechseln kann. Konnte er nicht, aber er schenkte mir – zu meinem großen Erstaunen – einfach einen $1. So erhielt ich eine kühlende Pepsi.

Am nächsten Rastplatz, an dem ich etwa eine Stunde später hielt, um Nikotin aufzunehmen, waren die Bänke überdacht, so dass dort Schatten herrschte. Um diesen Platz herum trollte ein kleiner Hund, der eine Military-Weste trug. Ein Kleidungstück in grünen Tarnfarben. Als ich schon dachte, die Hitze hätte nun ihren Tribut gefordert und ich halluziniere, kommt ein Mann zu meinem Platz. Ein völlig schräger Typ mit freiem Oberkörper. Er hatte einige Anhänger vom Militär um den Hals, die man im Ernstfall durchbricht, um einen toten Kameraden eindeutig zu identifizieren und der Familie mitzuteilen, der ihr Angehöriger gefallen ist. Davon trug der Mann gleich 2. Dazu trug er ein großes Kreuz. Er war übersät mit Tattoos . Er hatte ungefähr meine ausgeprägte Figur und trug einen Bart. Er kam zu mir und führte einen Monolog, in dem er sich über die Rush Hour in St. Louis beschwerte. Jedes zweite Wort, egal ob an mich oder den Hund gerichtet, war „Fucking “ und nach jedem dritten Wort rotzte er auf den Boden. Nachdem ich meine Zigarette geraucht hatte, verabschiedete ich mich höflich.

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Trotz Navi war es schwierig, das Hotel zu finden. Das Hotel lag in einer Einkaufszone direkt an der Autobahn. Der Mann an der Rezeption meinte, dass ich das Zimmer bezahlen müßte . Die Agentur, so meinte er, habe es noch nicht bezahlt. Daraufhin begann hektisches Telefonieren und die Angelegenheit konnte geklärte werden. Ich tauschte mein Zimmer noch gegen ein Raucherzimmer und fragte, wo es denn was zu essen gäbe, da das Hotel über kein Restaurant verfügte. Der Mann empfahl eine Sportsbar am anderen Ende des riesigen Parkplatzes.

Ich ging den Weg zu Fuß und betrat „ Buffalo Wild Wings “ und wäre beinahe rückwärts wieder rausgegangen. Ich nahm mich aber zusammen und wurde von der netten Bedienung zu meinem Platz gebracht. Auch in Deutschland kennt man mittlerweile Sportbars. Aber die sind nicht mit dem vergleichbar, was ich hier geboten bekam. Es wimmelte von Bildschirmen, an denen der Ton abgestellt war. Man konnte hinschauen, wo man wollte, überall Fernseher. Das Essen war gut und nachdem ich es verspeist hatte, fragte ich die Kellnerin, wie viele Screens sie hier hätten. „48“ war die Antwort. Jeder Gast solle schließlich die Möglichkeit haben, seinem ausgewählten Sportevent folgen zu können. Sie fand das völlig normal. Ich hatte ob des medialen Overkills etwas Kopfschmerzen, doch bevor ich das Lokal verlassen habe, ging ich noch mal auf ein eigentlich stilles Örtchen und sah das :

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Selbst beim Urinieren keine Sekunde verpassen. Man kann es auch übertreiben. Auf dem Gelände des Einkaufszenters entdeckte ich dann etwas, was mir vertrauter schien. Eine Filiale von Aldi Süd. Es ist warm geworden. Selbst jetzt noch 71°F. Dann ging es zurück in mein klimatisiertes Hotelzimmer.

7.Tag

Der Tag in St. Louis begann natürlich mit einem Frühstück. Wieder hatte ich Mühe am Buffet etwas zu entdecken, was kalt und ohne Ei war. Zum Glück gab es Toasts, die ich mit Cheese Cream und Peanut Butter (nacheinander) verspeiste. Der Check out war kein Problem. Das Tanken ebenfalls nicht.

Für den heutigen Tag hatte ich mir die Innenstadt von St. Louis vorgenommen. Dort gab es natürlich vor allem den Gateway Arch zu bewundern. Vom Hotel, das außerhalb der Stadt lag, bis zum Parkplatz in der Nähe der Sehenswürdigkeit brauchte ich ca eine halbe Stunde. Es war auch heute ziemlich warm. Der Gateway Arch ist ein Symbol für den Aufbruch der weißen Amerikaner nach Westen und liegt am Missisippi. Schon bei dem Namen fällt mir sofort Mark Twain, Tom Sawyer und Huckleberry Finn ein. Bilder aus diversen Verfilmungen steigen in mir hoch. Leider gibt es keine Raddampfer mehr. Aber es ist schon etwas besonderes für mich, am Missisippi zu stehen. Direkt daran liegt wie gesagt der Gateway Arch.

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Dieses Gebilde ist riesig und eben ziemlich bekannt. Damit kein Terrorist dieses Wahrzeichen für den Drang nach Westen sprengt, sind im Eingangsbereich Sicherheitskontrollen installiert worden. Ich und mein Gepäck wurden mal wieder durchleuchtet. Man kann im Inneren des Bogens nach oben fahren, um von dort eine wunderbare Aussicht zu genießen. Ich hatte vor das zu und kaufte mir ein entsprechendes Ticket. Der Mann, der es mir verkaufte, fragte, ob ich Probleme mit der Höhe hätte, was ich verneinte. Der Weg in die Spitze des Bogens findet mit einem Aufzug und vielen Treppen statt. In dem Warteraum vor dem Aufzug war eine kleine Gallerie, in der Bilder über den Aufzug ausgestellt waren. Schon nach zwei Bildern war mir klar, dass ich nicht damit fahren würde. Ich habe zwar keine allzustarke Klaustrophie, aber einzwängt in diesen Röhren ohne Fenster bis in Spitze zu fahren, die sehr eng waren, wie ich nun sehen konnte, hätte mich überfordert. Ich ging zurück zum Ticketschalter und bekam sogar mein Geld zurück.

Im Basement des Archs war auch ein kleiner Shop. Es war fast mehr ein Museum als ein Geschäft. Dort wurden Lebensmittel angeboten, die nach traditioneller Methode hergestellt worden waren. Die Betreiber des Ladens waren Amish. Die Amish sind eine traditionell lebende Glaubensgemeinschaft, die ursprünglich aus Deutschland kommt. Sie lehnen die Errungenschaften der Moderne wie Strom, Wasser aus Leitungen, Autos, Maschinen usw. ab. Zwei Frauen standen an der Kasse. Mir waren im Laden die sogenannten Homemade Candies aufgefallen, die noch in Handarbeit nach alter Sitte gefertigt wurden. Ich wollte diese nun bezahlen. Man fragte mich, da ich sofort mit meinen Akzent wieder aufgefallen war, wo ich denn herkäme. Ich erwiderte, dass ich aus Deutschland komme. Die etwas jüngere Frau antwortete mir daraufhin auf deutsch und erzählte, dass sie die Sprache ihrer Vorfahren lernen würde und dass sich der Laden aus Spenden finanziert. Sie fragte, ob ich nicht etwas Geld übrig hätte. Ich spendete dann das Wechselgeld, was die andere Frau, die unsere Unterhaltung nicht verstand, sehr überraschte.

Danach setzte ich mich in einen Park und aß die Homemade Candies. Es waren Mandeln, die man in karamelisiertem Zucker hat erkalten lassen. Das waren also echte Blombenzeiher. Aber sehr leckere. Beim Essen genoss ich außerdem die Skyline von St. Louis.

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Das nächste Ziel des heutigen Tag waren die Meramec Caverns , die in einem Naturschutzgebiet schön an einem Fluss liegen. Dort hatte ich mir eine kleine Schildkröte als Souvenir gekauft. Diese Höhlen sind sehr bekannt und sehr groß. Eine Führung hätte 1,5h gedauert. Soviel Zeit hatte ich nicht. Ich machte dafür ein paar Fotos von der Umgebung, wobei mir – ich bin an der Route 66 – ein alter Ford Mustang auffiel, den ich auch mal fotografierte. Kurz danach kam der Besitzer des Wagens, setzte ich an das Steuer und der unvergleichliche Sound des alten Motors heulte auf. So richtig in Gang kam das Geräusch, als der Mann seinen Wagen in einem Höllentempo über den Parkplatz jagte und in der Ferne verschwand.

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Ich aß noch ein Eis in einer Hütte am Fluss und sonnte mich, bevor auch mich mein Weg weiter die Straße hinunter führte. Ich fuhr zunächst wieder die Interstate, die ich in Waynesville verließ, um die landschaftlich schöne Strecke wieder auf historischem Boden zu fahren. Ich habe mich sage und schreibe 3 Mal verfahren, weil ich mein Navi ausgeschaltet hatte. Beim ersten Mal bin ich einem Naturschutzgebiet gelandet, dann in einem Nest namens Ruby und beim dritten Mal hab ich die Route komplett verloren und kam irgendwie trotzdem in Lebanon an. Unterwegs bot sich unter anderem das Bild einer alten Brücke, über die die Route führte.

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In Lebanon habe ich dann nach dem Weg gefragt. Mein Reiseführer gab als besondere Sehenswürdigkeit ein altes Motel an, das Munger Mass Motel hieß. Ich habe es nicht gefunden, wohl aber den Weg zurück auf die Interstate, auf der ich zu meinem Hotel in Springfield, MO, gefahren bin. Unterwegs hab ich getankt und dabei die bis dahin einzige Tankstelle entdeckt, an der es Diesel gibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit in den Staaten und relativ neu. Das Hotel war allerdings keine x-beliebige Absteige, sondern ein Motel mit Geschichte direkt an der Route 66. Es war das Rail Haven Motor Court, das mittlerweile zur Best Western Gruppe gehört. Stillecht waren vor der Rezeption ein paar alte Schlitten geparkt.

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Das Motel hatte zwar historische Bedeutung und schöne Apartments, aber nur zwei Sterne und kein Restaurant, so dass ich mich aufmachen musste, um etwas zum Abendessen zu bekommen. Ich ging zu Fuß die Route entlang und kam so zu einem Chinesen, der wie in Europa üblich ein mongolisches Buffet anbot. Es war mit Abstand das schlechteste Essen der gesamten Reise. Die Gerichte waren wohl für den amerikanischen Gaumen konzipiert. Besonders schlimm fand ich Hühnchen mit Orangensauce. Das Szechuan -Fleisch ging immer so weit, dass man es essen konnte. Als ich meine letzte Runde durch das Buffet machte und mir ohnehin schon schlecht war, sah ich etwas in den Schalen, das wie gegrillte Insekten aussah. Ich beschloss in diesem Augenblick, Fast-Food-Chinesen demnächst weiträumig zu meiden. Zu allem Überfluss hab ich in dem Laden auch noch meine Mütze liegen lassen. Aber immerhin war ich nach Illinois nun im zweiten Staaten der Route 66 – nämlich in Missouri.

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8.Tag

Der nächste Tag begrüßte mich mit einem ausgewachsenen Thunderstorm . Es goss in Strömen. Somit wurde ich auf meinen Fußmarsch zu einem Schnellrestaurant, in dem ich ein Club Sandwich zum Frühstück aß, ziemlich naß . Danach ging in die Rezeption, um aus zu checken. Die erste Überraschung war, dass man mir die Key-Cards fürs Zimmer als Souvenir schenkte. Die zweite war, dass es auch hier im Hotel Frühstück gegeben hätte, wobei die Auswahl allerdings sehr begrenzt war. Aber es wäre immerhin umsonst gewesen. Ich nahm nun noch frische Waffeln und Wasser mit. Das angebliche Wahrzeichen von Springfield – wenigstens laut Reiseführer – kannte mein Navi nicht. Ich gab also die Adresse mit 1st Street ein und befand mich – angeblich am Ziel laut Navi – inmitten lauter Einfamilienhäusern wieder. So beschloss ich, da auch die Casa Loma in Toronto eher eine Pleite war, dass auch dieses Wahrzeichen nicht so wichtig wäre.

Das erste Ziel des heutigen Tages war eine Kleinstadt mit Name Carthage . Ich fuhr ein Stück die Interstate und gelangte dann über Land zu dem zentralem Platz des Ortes.

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In der Mitte dieses Platzes ist ein altes Gerichtsgebäude und außenherum viele kleine Geschäfte. Unter anderem war dort ein Eiscafé, das typisch im Stil der Route 66 aufgebaut war. Das innere Mobiliar vermutlich noch aus den 1950er Jahren und jeder andere Gegenstand hatte ein Route 66 Emblem. Ich habe mich in die Sonne gesetzt, die kurz nach dem Gewitter heut Morgen wieder rausgekommen war, und ein sehr leckeres, original amerikanisches Eis verspeist.

Ich war jetzt in einer Gegend, in der Amerika so amerikanisch ist, wie fast nirgendwo anders. Wahrscheinlich hat Obama in diesem Landstrich nicht eine einzige Stimme bekommen. Ich fuhr von Carthage die Route 66 weiter gen Westen und komme an Webb City vorbei. Dort steht ein Denkmal, was diesen konservativen Anstrich dieser Gegend nochmals betont. Ich hatte schon in einem Geschäft im Schaufenster den Spruch gelesen: „ A family that prays together stays together .“ Hier sind die Menschen sehr christlich.

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Als ich auf dem Parkplatz vor dem Denkmal einbog, sah ich eine schöne junge Frau (leider in männlicher Begleitung) mit einer Akustikgitarre in der Hand auf dem Boden sitzen und hörte sie wunderschön singen. Ein Rentnerehepaar stand dabei, das mit den jungen Musikanten sprach. Sie gehörten wohl zu einer Kirchengemeinde und waren keine professionellen Musiker. Irgendwann entdeckte mich der Rentner und sprach mich an. Ich müsste unbedingt darauf achten, dass auf meinem Foto die betenden Hände und die Flagge zu sehen seien. Das wäre Amerika und gäbe ein gutes Motiv. Ich sag ja, das ist eher nicht Obamaland .

Ich setze mich wieder ins Auto und machte AC/DC an und fuhr weiter die Straße nach Joblin . Dort kehrte ich in einem Pizza Hut ein, weil es mittlerweile Mittag geworden war. Dort gab es etwas, was ich noch nie gesehen hatte. Pizza als Buffet aufgebaut. Man musste einmal bezahlen und konnte sich dann Stücke von dem in der Mittag der Gaststätte aufgebauten Pizzen nehmen. Ich fragte noch, ob die Getränke inklusive sein. Diese Frage war wohl so dämlich, dass man mich ab dann mit Missachtung strafte, weil man wohl glaubte, ich wollte die Anwesenden verarschen.

Als ich mich wieder auf Straße befand, stellte ich zu meinem Erstaunen fest, dass ich mittlerweile in Oklahoma war und Kansas – durch das die Route 66 auch führt, wenn auch nur kurz – gar nicht mitbekommen hatte. Ich erfuhr das, weil man an der Grenze zu Oklahoma auf der Interstate Maut bezahlen musste. An einer Raststätte machte ich die nächste Pause. Diese warb weithin sichtbar mit einem Indianer.

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Dort aß ich einen Jogurt. Bei Miami, OK, wollte ich nach der Weiterfahrt eigentlich die Interstate verlassen, erwischte aber die falsche Ausfahrt und landete bei einer Touristeninformation, dem Welcome Center von Oklahoma. Mit der Bediensteten dort führte ich ein nettes Gespräch, in dessen Verlauf sie mir einen Kaffee schenkte und mich darauf aufmerksam machte, dass es in Tulsa – meine nächste Station – ein paar schöne Museen gäbe. Da erinnerte ich mich an meine Internetrecherche zu Hause und an das Philbrook Museum. Die Dame meinte, wenn ich die Interstate fahren würde, könnte das Museum heute noch besuchen, da es ausgerechnet heute lange geöffnet habe. So schmiss ich meinen Plan um, der sagte, ich würde die Route 66 nach Tulsa fahren und fuhr Interstate. In dem Shop des Welcome Centers hab ich noch nach Ersatz für meine verlorengegangene Mütze gesucht. Sie hatten aber nur schwarze, die als Sonnenschutz eher weniger taugen.

Das Philbrook -Museum, wenn auch nicht ganz einfach zu finden, ist ein absolutes Highlight, wenn man was für Kunst übrig hat. Es ist eine alte Villa, die der Besitzer, der ein leidenschaftlicher Kunstsammler war, für die Öffentlichkeit freigegeben hat. Dadurch gibt es sehr viele und manchmal etwas willkürlich zusammengestellte wirkende Kunststille zu bestaunen. Das reicht von alten Meistern bis zu Skulpturen moderner Kunst. Das eine oder andere Mal musste ich ob der genialen Ideen der modernen Künstler schon richtig innerlich lachen. Aber auch die gegenständliche Kunst hat mich mit einem grandösen Bild vom Grand Canyon unheimlich begeistert.

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Das absolut Beste am Philbrook -Museum ist aber nicht die Kunstsammlung, sondern der schön angelegte Garten der Villa, bei dem viel Wert auf Symmetrie gelegt wurde. Skulpturen und ein weitläufiger Park machen diesen Ort zu etwas ganz besonders Schönem. Ich habe mich in diesen Ort verliebt.

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Ich war über 2 Stunden im Museumskomplex. Es ist übrigens bei mir etwas relativ Neues, dass ich mich in Museen herumtreibe. Früher hatte ich eher ein distanziertes Verhältnis zur Kunst. Fast eine so große Distanz wie das Hotel des heutigen Tages im übertragenen Sinne von der Schönheit des Museums entfernt war. Es war mal wieder ein Autobahnhotel ohne Restaurant. Zu Fuß machte ich mich auf, am Abend noch was Essbares zu bekommen und landete bei Ruby’s Tuesday . Dort habe ich gelernt – immerhin am 8. Tag in den Staaten – das Fast Food auch schmecken kann. Es gab dort Rips, Chicken und fried shrimps . In Europa wäre das eher eine ungewöhnliche Kombination, hier aber durchaus üblich. Das nannte sich Triple Play. Dazu gab es eine gute Baked Potatoe , Brokkoli und Salat. Coke und Coffey als Refill . Refill gab es hier überall. Wenn man einmal ein Getränk bezahlt hat, kann man es sich so oft wie man will wieder auffüllen lassen. Das war auch bitter nötig, weil die Getränke meistens mehr Eiswürfel als Flüssigkeit enthielten. Ich hätte $27 bezahlen müssen und gab $30. Die Bedienung freute sich sichtlich darüber.

Im Hotel zurück hab ich noch eine Karte an die Lieben zu Hause geschrieben

9.Tag

Für das Frühstück des heutigen Tages hab ich in meinen Aufzeichnung nur : „ Nichts besonderes“ stehen, ebenso unspektakulär verlief die Versorgung mit Cash von einer ATM und das Tanken. Auch heute fuhr ich auf historischem Asphalt, die Route 66 entlang. Mein erstes Ziel heute war Sapulra , wo ich ein schönes Wandgemälde geknipst habe, wovon es an der Route mehrere gibt. Gleich nebenan war eine Imbissbude, die auch berühmt ist, wenigstens unter Pilgern der Route 66. Hickory House BBQ Grill. Die Landschaft ist hier noch schön saftig und grün.

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An einer Straßeneinbiegung hab ich ein Sandwich verspeist und bin ansonsten immer der Route gefolgt. In Stroud kam ich so zum Rock Cafe. Auch so ein Überbleibsel aus lange vergangenen Zeiten.

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Ich trank noch einen Coffey to go und versuchte irgendwie nicht von der Sonne gegrillt zu werden. Es war sehr warm geworden. Die Stadt Chandler ein Stück weiter des Weges wurde im Reiseführer als schönste Stadt an der Route in Oklahoma bezeichnet und das stimmte. Das Mittagessen nahm ich in einem Laden namens Boom-A-Rang ein. Dort gab es zwar auch das übliche Essen, aber ich wollte mir ein Steak gönnen und fand auf der Karte etwas, das Country Fried Steak hieß. Ich bestellte das und die Bedienung fragte sogar nochmal nach, ob ich das wirklich haben wollte. Ich wollte und damit war ich also selbst schuld.

Wie ich später herausfinden sollte, ist Oklahoma berühmt für dieses typische Gericht. Ich rate allen Europäern davon ab, es zu essen. Es schmeckt furchtbar. Vor allem die Sauce, die sich Cream Gravy nennt. Auch wenn dieses Steak eine amerikanische Variante des Wiener Schnitzel sein soll, hat es mir überhaupt nicht geschmeckt. Hoffentlich, so habe ich in mein Notizbuch geschrieben, muss ich das nicht nochmal essen. Die Bedienung war sehr freundlich und hatte nach dem halben Teller ein Einsehen mit mir, nahm ihn mir ab und fragte, ob ich was anderes essen wollte. Um nicht die Einrichtung, die auch wieder im typischen Routedesign war, zu beschmutzen, in dem ich mich übergebe, verzichtete ich auf jegliches weitere Essen und nahm nur noch einen Kaffee to go mit. Natürlich wieder die Small-Variante mit 0,3 l. Ich war voll und fühlte mich sehr unwohl.

Erst als ich im nächsten Nest mit dem Namen Arcadia ankomme und dort einen Starbucks entdeckte, der frischen Espresso anbot, ging es meinem Magen nach dem Genuss des Getränkes etwas besser. Von da aus ging es direkt zum heutigen Ziel, nach Oklahoma City. Unterwegs fotografierte ich noch eine sogenannte Rundscheune, ein Wahrzeichen dieses Teils der Route – darin natürlich ein Museum.

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Ich machte im Hotel angekommen erst mal Siesta, denn im Auto war es trotz Klimaanlage unerträglich heiß geworden. Nur der Wind, der aber nur außerhalb des Gefährts wehte, machte das Wetter erträglich. Ich bekam ein Raucherzimmer und ließ mich zunächst von dem Klimagerät auf Normaltemperatur herunter kühlen.

Zum Abendessen hätte man im Hotel eine Auswahl vom Buffet bekommen können. Ich entschied mich aber dagegen und nahm nun ein richtiges Steak von der Karte und das war auch endlich mal gut. Abends, nachdem die Hitze des Tages etwas gegangen war, ohne das es nun kühl war, setzte ich mich mit einem Stuhl vor mein Apartment und beobachtete ein paar Vogel und Menschen, die vorbei liefen. Hier hatte ich eine innere Ruhe, wie lange nicht mehr. Äußere Ruhe gab dafür hier nicht. Das Hotel lag mal wieder am Highway und in einer Einflugschneise irgendeines Flughafens in der Nähe. Während ich so da sitze und Wasser trinke, frage ich mich, ob ich mir mit dieser Tour nicht doch zu viel zumute. Bis hierhin war alles ganz einfach … aber der Westen kommt erst noch.

10.Tag

Das Frühstück bestand heute auch einem Stück Kuchen, einem Teilchen aus Blätterteig mit Marzipanfüllung. Dazu gab es Fürchte. Auch wenn heute wieder ein etwas längeres Strecke auf dem Programm stand, habe ich trotzdem in die Innenstadt von Oklahoma City besucht. Dort gab es einen botanischen Garten, den ich mir angucken wollte. Doch der Platzplatz war abgesperrt, als ich dort eintraf und eine Menge Menschen liefen die Straße hinauf. Auf einem anderen Parkplatz war ein Hinweisschild auf eine Veranstaltung in den Myriad Gardens , jener botanischer Garten. Wie sich herausstellte handelte es sich bei dem Event um einen Kunstmarkt mit Volksfest. Einheimische Künstler boten an Ständen ihre Werke an. Wunderschöne Bilder aller Stilrichtungen und Skulpturen gab es dort zu sehen. Auch wenn alle Kunstwerke deutlich über meinem Budget lagen, freute ich mich über diesen überraschenden Kulturtrip. Ich genoss es über diesen Markt zu schlendern.

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Von dieser Straße ging es rechts zu den Myriad Gardens . Auf einem kleinen Hügel davor waren handgeschmiedete Windspiele installiert, was auch sehr schön anzusehen war. Mein Weg führte mich an einem Hot Dog Stand vorbei, dessen Ware auch nicht schlecht war, zu der sogenannten Crystal Bridge. Das ist eine gläserne Röhre, in deren Inneren, wie in einer Art Gewächshaus, ein Jungle nachbildet wurde. Dort hab ich mit meiner Kamera – was ich selten tue – Makroaufnahmen von einigen Pflanzen gemacht.

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Nun hatte ich an diesem Morgen beides zu sehen bekommen. Schönes vom Menschen auf dem Kunstmarkt und schönes von Schöpfer in der Crystal Bridge. Ich fühlte mich wirklich beschenkt, als ich in meinen Wagen stieg und die 247 Meilen bis zum heutigen Ziel in Amarillo in Angriff nahm.

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Der Himmel zog sich schon etwas zu. Der nächste Stopp war mal wieder ein Museum der Route 66. Diesmal eben das von Oklahoma. Drinnen wurde wieder viel über den Mythos der Straße erzählt. Es gab sogar einen kleinen Film, der berichtete, wie einst die Menschen in der Hoffnung auf ein besseres Leben alles hinter sich ließen und nach Westen gingen. Ich bekam hier einen Vorgeschmack davon, wie wenig dieser zivilisierte Teil meiner Strecke mit dem noch kommenden Rest weiter westlich zu tun hat. Natürlich wurde aber auch vom Land der Träume gesprochen, von Kalifornien und den Hippies, die in den 1960er dort versuchten, die Welt zu verändern.

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Nachdem ich ca. 200 Meilen zwischen mich und Oklahoma gebracht hatte, bemerkte ich, wie immer stärkerer Wind aufkam. Und zwar in Form von extrem lästigen Seitenwind, der es schwierig machte, den Weg gerade auf der Straße zu halten. Ich hielt zwischenzeitlich bei einem Sonic Burger, um dann die Interstate zu verlassen. Ich erreichte eine fast verlassene Stadt namens Mc Lean, in der außer dem Supermarkt alles geschlossen hatte. Dieser Ort ist als Kulisse für einen Horrorfilm, in dem z.B. Zombies auftauchen, bestens geeignet. Es war sehr unheimlich da. Kein Mensch auf der Straße. Ich habe mich dort nicht wohl gefühlt und bin weitergefahren. Auch Groom war ein Nest in einer sehr einsamen Gegend. Dort bekam ich wenigstens ein Sandwich und einen Kaffee. Mittlerweile hatte ich die Grenze nach Texas überschritten und bekam dort das größte Kreuz der Welt zu sehen.

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Beeindruckend an der Landschaft ist diese unendliche Weite des Landes. Hier ist es flach und man kann so unendlich weit bis zum Horizont schauen. Man kann einen kompletten Halbkreis sehen. 180 Grad Blickfreiheit.

Und dann erreichte ich irgendwann Amarillo. Mein Hotel war „The Big Texan “, ebenfalls wieder eine alte Legende der Route 66.

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Das Hotel ist für das 72oz. Steak bekannt in der Region. 72oz sind umgerechnet etwa 2 Kg, was also ein recht großes Steak ist. In der Region gibt es einen Wettkampf. Wer es schafft, dieses Steak mit Beilagen innerhalb einer Stunde komplett zu essen, muss es nicht bezahlen und ist sowieso der Held der Stadt. Das hat mit Genuss oder Spaß am Essen natürlich nichts zu tun. Ich habe damit von der Einstellung her schon ein Problem. Ein Problem hatte ich auch mit dem Schloss zu meinem Apartment. Trotz Schlüsselwechsel ließ sich das Schloss auch mit dem zweiten Schlüssel nicht öffnen. Ich wurde umquartiert.

„ The Big Texan “ ist eine Mischung aus Ballermann 6 und Steakhouse. Um das Restaurant herum gab es ein paar Attraktionen, in den sich die Gäste das Warten verkürzen konnten. Das Restaurant war immer sehr voll. Normalerweise bekommen die Gäste ein etwas größeres Teil aus Plastik, in dem sich Elektronik, vermutlich RFID, befindet. Wenn das Ding anfängt zu blicken, wird man gleich ins Restaurant rein gelassen. Bis dahin heißt es eben warten. Für mich besonders lange, weil man mir beim Betreten des Lokals zunächst keinen Chip in die Hand gedrückt hatte und ich nicht nachgefragt hatte, weil ich nicht wusste, dass ich einen brauche. Das Essen – ich bestellte ein Steak in normaler Größe – war aber ganz gut. Ein paar Musiker kamen noch zu meinem Platz, um für Trinkgeld ein paar deutsche Volkslieder anzustimmen, die sie mit Geigen und Gesang vortrugen. Ich bin zu höflich erzogen, um sie einfach wegzuschicken. Als Nachtisch gönnte ich mir Schokolade, genauer Fudge .

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11.Tag

Im Restaurant „The Big Texan “ kann man auch frühstücken, was ich an diesem Morgen getan habe. Allerdings hat man dann keine Chance, dem amerikanischen Way of Eating zu entgehen und man bekommt ein Sandwich mit viel fetten Bacon, doch wenn man sich bemüht, dieses wenigstens ohne Ei. Nach diesem Essen war mir etwas flau im Magen. Tanken war heute kein Problem.

In meinen Reiseunterlagen stand, dass wenn man in dieser Gegend ist, sollte man sich unbedingt den Palo -Duro-Canyon ansehen. Gestern war dafür die Zeit aber zu knapp. Ich beschloss, die Sehenswürdigkeit heute nachzuholen. Und das hat sich sehr gelohnt. Man kann mit dem Auto durch diesen Canyon fahren. Ich hatte zu Beginn etwas Bedenken, da ich noch nie in einem Canyon alleine unterwegs war. Sämtliche Befürchtungen stellten sich aber als unbegründet heraus.

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Im Canyon war es recht warm. Und es war schon ein kleiner Vorgeschmack auf die Naturschönheiten des Westens der USA. Damit aber auch der Beginn des Verlassens der Zivilisation. Noch erkennt man Grün in der Landschaft, aber auch das wird sich bald ändern.

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In Palo -Duro hab ich viele Fotos gemacht. Danach bin ich wieder ein Stück die Strecke zurück nach Amarillo, um zu einem wirklich High-Light des Urlaubes zu kommen. Zunächst hab ich mich jedoch wieder verfahren. Aufgrund der falsch genommen Strecke war ich an einem ganz anderen Ende von Amarillo. Da schon die Mittagszeit anbrach, nutzte ich die Gelegenheit, in einem Taco -Bell zu speisen. Dort gab es mexikanisches Fast-Food, hauptsächlich Tacos und Wraps . Es schmeckte mir nicht besonders.

Nach etwas Suchen fand ich den Weg zurück zur I-40, der Interstate, die mein treuer Begleiter war. Sie ersetzt in Texas die Route 66. An einer Tankstelle musste ich noch nach dem Weg fragen, da es keinerlei Hinweisschilder auf mein Ziel gab. Ich fuhr dann zielsicher zur Cadillac Ranch.

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In den 1970er Jahren hat ein Mann, der was von Kunst verstand, ein paar Cadillacs gekauft und sie bis zur Hälfte in einem Feld in einer Reihe eingegraben. Dazu hat er Sprühdosen mit Farben gelegt. Der, der dort vorbeikommt, soll seine Spur als Graffiti auf den Autos hinterlassen. Da das jeder seit eben 1970er Jahren macht, ist die Lackschicht wahrscheinlich schon einige Zentimeter dick. Dieses Statussymbol so umzufunktionieren ist für mich ein Ausdruck von purer Anarchie. Für mich ist das ein Protest gegen die Konsumgesellschaft unserer Zeit, die in den USA noch viel ausgeprägter als in Good -Old-Europe ist. Aber wir holen auf. Als ich etwas weiter entfernt stand, kam der Gedanke an ein Stonehenge alla Amerika in den Sinn. Was mögen Archäologen in 10.000 Jahren wohl denken, wenn sie die Cadillac Ranch ausbuddeln und die bunten Kultgegenstände sehen? Alleine die Vorstellung erheiterte mich den Rest des Tages.

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Es geht weiter die I-40 runter Richtung Tucumcari . Selbst laut den umfangreichen Reiseunterlagen gibt es unterwegs einfach nichts Wichtiges zu sehen. Die Landschaft in Texas ist eine gute bildliche Darstellung des abstrakten Begriffs : „ Das Nichts“. Flache Weite beherrscht die Szenerie. Aber noch mit ein wenig grün dazwischen.

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Ich erreiche New Mexico. Dort gibt es schon wieder eine Zeitverschiebung, wieder eine Stunde mehr gegenüber Zuhause. Mein Motel ist wieder ein Relikt aus der goldenen Zeit der Route 66. Es ist das Blue Swallow Motel in Tucumcari . Aber diese goldene Zeit ist eben schon etwas her. Es gibt einige Motels in Tucumcari , die alle an der Route 66 liegen. Die meisten davon haben allerdings mittlerweile aufgegeben. Es ist dort eine merkwürdige Atmosphäre zwischen Nostalgie und Verfall. Kaputte Leuchtreklamen erinnern daran, dass früher hier der Bär tanzte. Die Geschäfte sind wie die Motels fast alle geschlossen. In meinem Motel gibt es kein Essen. Aber jedes der kleinen Apartments hat eine eigene Garage. Das ist der Spirit der Route 66.

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Um etwas zu Essen zu bekommen, musste ich fast eine Mile weit fahren und kam zu einer weiteren Legende der Straße, zum Restaurant Pow -Wow. Das Steak und die Shrimps waren gut. Das Desert war kostenlos mit drin, da ich als Gast des Blue Swallow einen Bonus hatte. Nach dem Hauptgang ging ich nach draußen, um mir Nikotin zuzuführen. Als ich wieder reinkam, entdeckte ich eine Glasvitrine, in der der Nachtisch auf mich wartete. Ich nahm mir einen Teller und probierte das Desert . Es schmeckte mir nicht. Ich stellte es halb voll auf die Seite. Die Bedienung, die sich als Chefin des Restaurants entpuppte, kam zu mir, und war erschüttert, dass mir ihr Desert , was sie selbst zubereitete, nicht schmeckte. Sie meinte, ich solle dieses Essen nochmal warm probieren. Ich ließ mich auf das Experiment ein und siehe da : „Warm war der Bread Cake richtig lecker.“

Vor meinem Hotel war eine alte Hollywood-Schaukel aufgebaut. Ich genoss den Sonnenuntergang in der Welt des Verfalls und mir kamen Kindheitserinnerung , weil im Garten meiner Eltern auch in den 1980er Jahren so eine Schaukel stand. Der Besitzer des Motels legte extra für mich einen Schalter an der Leuchtreklame um. Er erklärte, dass eine Sicherung defekt sei. Schon seit Jahren bemühte er sich eine neue zu bekommen, aber das Original sei aus den 1950er Jahren und würde schon lange nicht mehr hergestellt. So überbrückt er nun extra für mich manuell den Stromkreis, als er sah, dass ich gerne fotografiere.

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Außerdem gibt er mir noch zwei Flaschen Wasser. Wie gesagt, die Geschäfte waren alle geschlossen.

12. Tag

Nach dem Aufstehen gönnte ich mir einen Kaffee im Blue Swallow . Das war das einzige Frühstück, was das Motel zu bieten hatte. Richtig gefrühstückt hab ich dann wieder im Pow -Wow. Und dann kam etwas, was es so nur in Amerika geben kann. Ich brauchte mal wieder Cash und war auf der Suche nach einer ATM. Es dauerte nicht lange bis ich eine fand. Das besondere daran war, es handelte sich um eine Drive-In ATM. Man fuhr wie bei einer Tankstelle an eine Zapfsäule, kurbelte das Fenster herunter, steckte die Credit -Card in den Kasten, gab über ein Tastenfeld seine Pin ein und das Geld kam raus. Danach Scheibe wieder hochkurbeln und weiterfahren.

Die Fahrt führte heute nach Las Vegas, allerdings nicht nach dem in Nevada mit den Spielcasinos, sondern zu dem in New Mexico. Die Landschaft war unterwegs wunderschön. Ich habe viele Fotos aus dem Auto heraus gemacht. Und es war noch erstaunlich grün.

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In der Nähe von Las Vegas, NM, bin ich abgebogen, um zu meinem heutigen Ziel zu kommen, nämlich Santa Fe . Bei Santa Fe kommt bei mir sofort die Assoziation: „Posträuber“ und im Geiste laufen ziemlich viele schlechte Western ab, die ich im Leben so konsumiert habe. In einem Subway aß ich zur Stärkung noch ein Footlong Turkey Breast .

Das Hotel hab ich relativ schnell gefunden. Es hatte aber einen großen Nachtteil: „ Es war ein komplettes No -Smoker -Hotel.“ Bei dem Konzept ging es nicht nur darum, dass man auf dem Zimmer nicht rauchen durfte – daran hatte ich mich ja schon gewöhnt – sondern auf dem ganzen Hotelgelände war rauchen verboten. Selbst in dem offenen Innenhof durfte man keinen blauen Dunst erzeugen. Außerdem war das Hotel ziemlich groß, so dass ich weite Wege zu gehen hatte, um dann außerhalb des Hotelgeländes zu rauchen. Ich machte zunächst Siesta.

Man darf sich amerikanische Städte nicht so vorstellen wie europäische. An den Einfahrtsstraßen in die Stadt gibt es kilometerlang Fast-Food-Restaurants und Shopping-Malls. Eine Innenstadt mit Fußgängerzone ist den Amerikaner quasi unbekannt. Es gibt so wie in Santa Fee einen zentralen Platz mit ein paar Geschäften drum herum. Etwa ein Block davon entfernt ein Parkhaus.

An der Plaza , dem Mittelpunkt von Santa Fe , habe ich ein Ehepaar gesehen, das Eis zu sich nahm. Die habe ich kurzer Hand gefragt, wo sie das her hatten. Sie zeigten mir den Weg zu einer Eisdiele, die Eis von Häagen-Dazs anboten. Das war richtig lecker. Ich entspannte mich auf einer Parkbank und genoss das angenehm warme Wetter. Mein Blick wanderte an den umliegenden Geschäften vorbei, die sich im Blickfeld befanden und ich entdeckte ein Geschäft für indianisches Kunsthandwerk.

Zum einen befand ich mich jetzt im Westen, genauer im Gebiet der Navajo-Indianer, und zum anderen in New Mexico, wo es ein bisschen anders ist als im Rest der USA. Diese Mischung wurde mir zum ersten Mal in diesem Geschäft klar, denn dort wurde geschnitzte Skelette angeboten, die mit dem Schriftzug: „ la Muerta “ versehen waren. Mexikaner haben ein ganz anderes Verhältnis zum Tod als der Mitteleuropäer. Beerdigungen sind Feste und die Mexikaner beten um Schutz bei Gevatter Tod, der bei Ihnen aber La Santa Muerta heißt. Außerdem wurden in dem Shop handgemachte Engel aus Holz angeboten.

Als ich den Laden verließ, sah ich wieder Menschen, die etwas hatten, was ich auch haben wollte. Es war ein Becher von Starbucks, die den einzigen leckeren Kaffee in Amerika machen. Diesmal brauchte ich nicht zu fragen, sondern fand den Shop selbstständig. Ich entscheid mich spontan für Iced-Coffey . Man nehme Kaffee, der richtig stark gebrüht ist, und tue Eiswürfel hinein. Ungefähr im Verhältnis 1:1. Das ganze trinkt man durch einen Strohhalm. Falls Sie vorher müde waren, können Sie nach dem Genuss des Getränks bequem die ganze Nacht wach bleiben. Das Zeug weckt Tote auf.

Ein Bettler kam mir auf der Plaza entgegen und bat um einen Dollar. Ich gab ihm einen. Danach besichtigte ich eine Kirche, in der aber gerade Gottesdienst war, so dass ich schnell wieder ging, da ich nicht stören wollte. Die ganze Zeit dachte ich dabei über diesen kleinen Holzengel aus dem Indian Shop nach und entschloss mich am Ende, kurz bevor ich die Plaza verließ, diesen doch noch zu kaufen.

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Zurück im Hotel gab es Kaffee gratis. Vor dem Hotel habe ich geraucht. Drinnen war das ja verboten. Ich nutze die moderne Technik eines Internet-Computers in der Lobby, um meine Mails zu checken und eine zu schreiben. Als ich das getan hatte, ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich es nicht schaffe, die Zivilisation komplett im Urlaub außen vor zu lassen. Als Abendessen gönnte ich mir in Restaurant des Hotels: „Baby Back Rips“ – und das waren die besten Rips, die ich je gegessen habe. Und davon habe ich mittlerweile sehr viele auf.

13. Tag

Man muss das Hotel noch mal lobend erwähnen, obwohl es ein No -Smoker -Hotel ist, denn das Frühstück war gut. Es gab ein vernünftiges Continental Breakfast. Beim Tanken nach dem Auschecken hatte ich wieder das üblich Problem mit dem Zip -Code. Außerdem fand ich keine ATM in der Umgebung.

Der heutige Tag war der Kultur gewidmet. Ich fuhr nach Santa Fe Downtown , also wieder zum Plaza und dort in das gleiche Parkhaus wie gestern. Ich ging noch kurz bei Starbucks vorbei und gönnte mir Chocolade old fashioned mit einem guten Kaffee. Das Dachcafe , das im ersten Stock einer Gallery war, hatte leider geschlossen. Von dort hätte man die ganze Plaza überblicken können.

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Mein Ziel für den heutigen Vormittag war das Museum of New Mexico für zeitgenössische Kunst. Darin ein bunter Stilmix aus allen möglichen Bereichen. Es gab viele schöne Bilder zu bewundern, aber viele waren für meinen Geschmack auch zu abstrakt, so dass ich wenig damit anfangen konnte. Zum ersten Mal in einem Museum habe ich digital bearbeitete Bilder gesehen, die vermutlich mit Photoshop entstanden sind. Leider durfte man im Museum nicht fotografieren.

Meine Fahrt führte heute nach Madrid, NM, nicht Spanien. Dahin ging es über den Turquoise Trail . Die Landschaft wird jetzt deutlich trockener.

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Madrid ist ein kleines Künstlerdorf. Die Stadt wurde verlassen und war lange Zeit eine Ghost-Town, bis sich Künstler aus Kalifornien hier niederließen. Jedes der kleinen Holzhäuser war ein Atelier eines anderen Künstlers, der seine Kunst ausstellte und hoffte, dass ein Touri wie ich sie kaufte. Die Preise waren aber deutlich über meinem Budget. Auf den ersten Blick wirkt Madrid wie eine Oase der Kunst in der Wüste New Mexicos, wohin sich die letzten verbliebenen Hippies zurückgezogen haben, um sich ganz dem Leben für die Kunst zu verschreiben. Es fehlt eigentlich nur ein Lagerfeuer mit Gitarrenmusik, und diese hanfgefüllten Zigaretten, von denen ich mal gelesen habe.

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In einem Atelier, das gleichzeitig auch Café ist, trank ich einen Iced Mocca. Komischer Weise wollte sich bei mir die Stimmung von Love and Peace der Blumenkinder einfach nicht einstellen. Ich fand, dass das hier nur Fassade war. Die Künstler, die hier leben, können hohe Preise für ihre Kunst nehmen, was bedeutet, dass sie schon einen Namen auf dem Kunstmarkt haben. Es sind nicht die alternativen Weltverbesserer, die sich hier her zurückgezogen haben, sondern dieses Dorf wirkt wie eine Verkaufsfläche. Mir kam es unecht vor. Das genau ist der Ausdruck, der sich mir ausdrängte. Auch wenn es atmosphärisch wirkte, mir gefiel es dort nicht wirklich.

Ich fuhr weiter den Truqouise Trail in Richtung des heutigen Ziel Albuquerque. Das war nicht weit weg von Santa Fe . In Cedar Crest hörte der Trail auf. Das Hotel hab ich relativ schnell gefunden und es gab mal wieder No-Smoker-Rooms , aber immerhin war nicht die komplette Anlage als No -Smoker -Area angelegt. Ich machte Siesta.

In der Lobby hab ich mir eine Karte von Albuquerque besorgt. Downtown ist nur 2,5 Blocks entfernt und ich beschloss, den Weg zu Fuß zurückzulegen. Auf der Suche nach einem Mittagessen kam ich an verschiedenen Fast-Food Ketten vorbei und landete schließlich bei einem kleinen Laden. Ich kam mit der Besitzerin des sehr kleinen Restaurants ins Gespräch. Sie war mal in Amsterdam gewesen. Ich erzähle ihr von meiner Reise entlang der Route 66. Ich hatte es vorher gar nicht gelesen, aber auf der Karte stand, dass ich mich in einem mexikanischen Restaurant befand. Die Frau meinte, dass das Essen in New Mexico vollkommen anders ist als in dem Rest der USA und schon mal ganz und gar anders als in Europa. Sie warnte mich und meinte, bevor ich eine richtige Speise bestelle, sollte ich die Nutchos probieren. Die Wirtin kam mit einem Teller wieder, auf der nur ganz wenig einer roten Sauce war. Ich probierte es … ich denke, Feuerschlucker fühlen sich ähnlich. Das war sau scharf. „Ja“, meinte die Wirtin,“ hier wird scharf gegessen.“ Jedes Gericht auf der Karte war mit Chilli . Die Wirtin machte dann extra für mich einen Burger ohne Chilli .

Nachdem Essen ging ich raus, um eine zu rauchen. Die Wirtin folgte mir. Sie war vielleicht etwas jünger als ich.

„ Are you married ? “ fragt sie mich draußen.

„ No.“

„ Ever been ?“

„ No.“

„ Oh, many Americans would wish to have you as a husband.”

Ich hätte beinahe gefragt, “ You , too ?“, denn die Dame sah wirklich nicht schlecht aus, aber ich habe es mir verkniffen und mich stattdessen über das Kompliment gefreut. Wir unterhielten uns noch weiter und eine Verwandte kam noch dazu und wir rauchten und quatschten auf Englisch und man verstand mich.

Danach ging ich zu Fuß weiter Richtung Downtown . Dort gab es eine alte Kirche und einen Dorfplatz mit einem Pavillion . Die Stadt war ähnlich wie Santa Fe . Kilometerlang fast-Food-Ketten und dann ein Platz, der die komplette Innenstadt darstellte.

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Die Häuser hier sind im Adobe-Stil gebaut. (Das hat weder was mit Acrobat noch mit Photoshop zu tun). Ein besonders schöner kleiner Platz ist der Paco a Paco.

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Ich war fast 2 Stunden auf den Füßen, ohne das mir der Rücken Probleme bereitet. Neben meinem Hotel gab es einen Starbucks und da natürlich Iced Coffey .

Siesta, Teil II.

Zum Abendessen gab es im Restaurant Pizza Hawaii, denn ich hatte genug von Spare Rips und Burgern . Man musste sich 30 Minuten vorher anmelden. Ich habe draußen, wo man ja rauchen durfte, gewartet. Während ich wartete, verging aber mein Appetit, so dass ich von der Pizza, die auch noch größer war als gedacht, nur knapp die Hälfte schaffe. Ich denke, dass ich vielleicht später am Abend nochmal Hunger bekommen könnte und lasse mir den Rest einpacken. Das war aber nicht der Fall und ich fühlte mich überfressen.

Bei der letzten Zigarette des Tages fiel mir ein, dass ich heute tagsüber das Licht an meinem Auto eingeschaltet hatte und ich war mir nicht sicher, ob ich es abgeschaltet hatte, als ich am Hotel ankam. Das hatte ich nicht getan, es brannte noch. Aber zum Glück sprang der Motor trotzdem noch an. Die Batterie war voll genug gewesen. Was man nach geschätzten 3000 Kilometer eigentlich auch erwarten kann.

14. Tag

Das Frühstück bestand an diesem Tag aus Jogurt, Früchten und einem Muffin , und es zählt zu den besseren in den Staaten. Ich hatte allerdings vergessen, da ich noch nicht ganz wach war, dass ich einen Voucher fürs Breakfast hatte und dieses nicht hätte bezahlen müssen. Es war aber noch nicht zu spät, die Kosten umzubuchen, als mir dieses Faktum wieder einfiel. Danach fand der übliche Dreikampf: „Benzin, Wasser und Cash besorgen“ statt.

Das erste Ziel des heutigen Tages ist der Botanische Garten in Albuquerque. Irgendwie hab ich mich verändert in der letzten Zeit. Es ist schon ungewöhnlich genug, dass ich mich in Museen herumtreibe und Interesse für Kunst habe. Gleichzeitig ist aber auch das Interesse an Mutter Natur gewachsen. Somit passte es jetzt zu mir, einen botanischen Garten aufzusuchen. Vor ein paar Jahren hätte ich sowas nicht gemacht.

Zunächst bin ich allerdings zum Zoo, der den gleichen Betreiber wie der Botanische Garten hat. Ich bin nicht der einzige, der am Eingang des Zoo nach Karten für den Garten bzw. das ebenfalls dazugehörende Aquarium fragt und belehrt wird, dass er sich am falschen Gebäude befindet. Trotz Navi ist es nicht leicht, den Garten dann schließlich zu finden.

Man kann die Faszination, die dieser Garten erzeugte, nur dann verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Albuquerque in einer Wüstensteppe liegt und das Land drum herum staubtrocken ist. Man muss bedenken, dass ich gestern durch eine Gegend gefahren bin, wo ein paar vereinzelte Sträucher das Maximum an Pflanzen darstellten. Und nun sehe ich im Garten eine Blumenpracht, die überwältigt.

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Der Garten ist in verschiedene Themenbereiche gegliedert. Es gibt mitten in der Wüste einen kleinen künstlichen See. Dazu gab es ein Gewächshaus, in dem das Mittelmeerklima nachgestellt wird und in dem Pflanzen aus dieser Region beheimatet sind . Ein anderes Glashaus ist den Kakteen und dem Wüstenklima gewidmet. Dazu gab es eine Sonderausstellung vom Thema Insekten, die mir aber zu viel Kribbeln auf der Haut bescherte, so dass diesen Bereich schnell verlassen habe. Auch den landwirtschaftlichen Teil des Gartens, in dem ein altes Farmhouse aufgebaut war, besuchte ich, um schließlich zum Highlight zu kommen. Das war der japanische Garten, in dem wahrscheinlich nach Gesetzen des Feng Shui viel mit Wasser gearbeitet wurde.

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Nicht vergessen, Albuquerque liegt in der Wüstensteppe am Rio Grande. Wasser hat hier noch mal eine stärkere Dimension von Magie. Allerdings ist es auch ziemlicher ökologischer Unsinn, ausgerechnet in so einer Wüstensteppe auf diese Weise Wasser zu verschwenden. Da hier nicht am kühlen Wasser gespart wurde, kann man auch noch andere kleine Wunderwerke der Natur bewundert. Orchideen.

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Im Kinderbereich des Gartens gab es dann noch eine Modelleisenbahn und eine Drachen aus Plastik. Ich finde es gut, dass Kindern die Natur gezeigt wird. Natürlich war an dem Cheeseburger, den ich vorm Verlassen des Gartens aß, vermutlich nichts, aber er schmeckte ganz gut.

Danach verließ ich Albuquerque und die Wüstensteppe hatte mich wieder. Auch das bekannte Problem mit dem Zip -Code an der Tankstelle war wieder da und musste behoben werden. Mittlerweile habe ich das Gefühl, als würde die Tankanzeige meines Autos nicht den wahren Inhalt des Tanks anzeigen. Ich bekam weniger Sprit rein, als die Anzeige vermuten ließ. So rum ist das vielleicht nicht ganz so schlimm, aber wenn man sich in der Wüste – in der echten, die weiter westlich ja noch kommt - nicht auf seine Instrumente verlassen kann, ist das schon ein schwerwiegendes Problem.

Unterwegs mache ich Halt an einem sogenannten Scenic -View-Point.

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Krass der Gegensatz zum Botanischen Gegensatz.

In dieser Gegend ist Wasser natürlicher Weise eben knapp. Das ist auch seit Jahrhunderten schon so. Daher waren seit alters her, Wasserstellen sehr wichtig. Das Ziel des heutigen Tages ist der Fels „El Morro .“ In platter Landschaft erhebt sich dieser Felsen, so dass die Feuchtigkeit an diesen Fels kondensiert und Wolken dort ihr Nass abregnen. Wie das meteorologisch genau funktioniert, weiß ich nicht, aber aufgrund der Felsformation hat sich am Fuße des „El Morros “ ein kleiner natürlicher Pool gebildet, in dem es seit Hunderten von Jahren Frischwasser gibt. So kommen seit ebenfalls ewigen Zeiten Menschen, die hier in der Gegend reisen, zu diesem Felsen, um Flüssigkeit aufzunehmen. Da der Fels aus weichem Stein besteht, haben Reisende hier Inschriften hinterlassen. Die älteste ist aus dem Jahr 1600 noch irgendwas. Diese ist von einem spanischen Soldaten. Es fasziniert mich, darüber nachzudenken, wie das Reisen vor der Route 66 hier wohl war und was dieser Mensch um 1600 wohl gedacht und empfunden hat, als er endlich Wasser fand. Es drängt sich die Frage auf: „ Was ist eigentlich wirklich wichtig im Leben?“ Hier ist die Antwort buchstäblich zum Greifen nah: „ Wasser.“ Ohne das geht nichts.

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Am „ El Morro “ gibt es natürlich heutzutage ein Visitor Center und einen angelegten Weg, der an den Inschriften vorbeiführt. Der Weg ist eine halbe Meile lang und ich schaffe ihn bis auf die letzte Treppe ohne Pause. Vom Visitor Center geht es Richtung Hotel.

Ein anderes antikes Element neben dem Wasser ist die Luft. Und die bereitete etwas Schwierigkeiten auf dem Weg zum Hotel, denn es hat sich ein böser Wind entwickelt, der es schwierig macht, den Wagen auf der Piste zu halten, da er immer nach rechts wegdriftet.

Mein Hotel ist wieder eine Legende der Route 66. Es ist das El Rancho in Gallup, NM. In dieser nostalgischen Absteige hängen in der Lobby viele Fotos aus den 1940er Jahren, auf denen bekannte Hollywood-Schauspieler abgebildet sind, die sich in der Glanzzeit der Route hier die Klinke in die Hand gaben. Heute ist das H von der Leuchtreklame, die eigentlich Hotel anzeigen sollte, kaputt. In meinem Zimmer funktionierte die Dusche nicht.

Ich bekomme aber immerhin ein Raucherzimmer im dritten Stock des Hotels. Es hat sogar einen Balkon. Diesen teilt es sich mit allen anderen Zimmern dieses Stockwerkes. Mein Nachbar, den ich so kennenlernte, war ein Trucker. Er fährt jeden Tag 600 Meilen und er erzählte mir, dass er gestern noch in Fresno war und nun unterwegs nach Detroit sei. Ich erzählte ihm, dass ich die Route von Chicago nach LA fahre. Er konnte nun gar nicht verstehen, wie jemand freiwillig so viele Kilometer fahren will. Er meinte, es gäbe so viele schöne Plätze auf der Welt und er fragte:“ Why Gallup ? “, warum ich ausgerechnet in diesem toten Nest mitten in der Wüste in New Mexico bin. Ich antworte, dass ich es hier sehr aufregend finde, weil es hier so ganz anders als Zuhause sei. „ Yes , very different.“ Antwortet er. Bevor er wieder in sein Zimmer verschwindet, sagt er noch: „ Whatever the desert does to you , keep smiling !“

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Auf der Karte im Restaurant gab es nur ein einziges Gericht, was nicht mit Chilli war und das war Spare Rips. Dazu gab es Bohnen. Der Salat war zwar lecker, aber das Gericht schmeckte mir überhaupt nicht und ich habe nicht aufgegessen. Das Essen in New Mexico ist eben sehr speziell.

Auf dem Parkplatz habe ich dann eine geraucht und es kamen zu diesem Zeitpunkt zwei Herren an, die mit einem Sportwagen unterwegs waren. Eine richtig geile Karre mit ordentlich was unter der Haube. Alleine der Sound des Motors weckte schon Fernweh. Die beiden erlaubten mir, den Wagen zu fotografieren. Auch wenn das Bild nichts wird, macht mir dieser Abschluß des Tages doch klar: „Menschen, die auf der Route 66 reisen, sind genauso speziell wie das Essen von New Mexico.“

15. Tag

Für diesen Urlaub habe ich an diesem Tag relativ lange geschlafen und bin erst um 8.30 zum Frühstücken gegangen. Dort gab es Jogurt mit Früchten. Auch wenn ich mit mir gehadert habe, habe ich mich letztendlich gegen die Downtown von Gallup entschieden, da heute noch etwas sehr Spannendes auf mich wartete, für das ich genug Zeit haben wollte. Der klassische Dreikampf (Benzin, Wasser, Cash) war einfach zu gewinnen.

Und dann fuhr ich raus zur Painted Desert . Auf der Interstate war der Wind noch stärker geworden als gestern. Ich musste jetzt aktiv gegenlenken, um nicht von der Straße geweht zu werden. Ich stoppte kurz am Welcome Center Arizona – wieder einen Staat geschafft. Dieses befand sich in einem Indianer-Reservat. Auf dem Gelände war auch ein Truckstopp, in dem ich ein Ham + Cheese Sandwich und Kaffee verköstigte.

Zurück auf der Straße waren die elektronischen Warnhinweise über der Fahrbahn aktiv. Man warnte in meiner Richtung vor:„High Winds“, und das mag der Grund dafür gewesen sein, dass kein Auto in meine Richtung fuhr, aber mir sehr viele entgegen kamen. Ich musste sehr langsam fahren und trotzdem war gar nicht dran zu denken, die Spur gerade zu halten. Von daher war es gut, dass sonst keiner meinen Weg fuhr.

Mein erstes Ziel war ein Nationalpark, der Painted Desert heißt. Der Eintritt kostet $10 und der Ranger meinte, man könne trotz des Windes die einzige Straße durch den Park fahren. Mein erster Stopp war am Desert Inn und kurz danach sah ich es:

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Bunt.Rot und Weiß.“ Hier hat Gott seinen kreativen Maltag gehabt und die trockene Wüste mit Hilfe von farbigen Mineralien erstrahlen lassen. Wenn es nicht so windig gewesen wäre, dass ich kaum die Autotür aufbekam, dann wäre das der schönste Tag des gesamten Urlaubes gewesen.

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Etwas weiter ist die blaue Periode des Künstlers Gott zu bestaunen. Diese Naturschönheit hat mich fasziniert. Und – auch wenn man das kaum glaubt – ich war hier genau auf dem historischen Asphalt der Route 66, die quer durch diesen Nationalpark geht. An der Stelle, wo die Route die Interstate kreuzt, hat jemand ein Zeugnis der Vergangenheit hinterlassen.

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Der Nationalpark Painted Desert geht nahtlos in den Park Petrified Forest über. Durch eine Laune der Natur wurden hier in grauer Vorzeit Bäume unter Luftabschluss und hohen Druck eingeschlossen. Dadurch sind sie versteinert.

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Man kann noch gut die Rinde des ehemaligen Baumes erkennen. Und solche Stämme lagen hier zu hunderten rum.

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Ich hatte meine Schwierigkeiten. Zum Einen beim Öffnen der Autotür an den Scenic Views, weil der Wind sie zudrückte. Wenn ich draußen war, konnte ich gegen die Windrichtung nicht Atmen. Und an geradeaus gehen war gar nicht zu denken, wenigstens nicht bei Seitenwind. Das Museum am Ende des Parks hab ich nicht besucht, aber einen wärmenden Kaffee hab ich mir im Shop gegönnt.

Zurück auf dem Weg zum Highway kündigt ein Hinweisschild eine „ Dust Blown Area“ an. Dort bin ich zum ersten Mal im Leben in einen Sandsturm geraten. Es wurde dunkel und Millionen kleiner Sandkörner wurden gegen die Windschutzscheibe geschleudert. Die Scheibe hielt, kein Kratzer dran, ich musste zum Glück nicht aussteigen und so kam ich recht glimpflich durch diese Staubhölle und erreicht relativ zügig mein Hotel in Holbroke .

Dort stellte ich fest, dass sich die Zeit gegenüber zu Hause noch mal um eine Stunde verschoben hat, da Arizona die Sommerzeit nicht mitmacht. Mein Hotel-Zimmer war ein No Smoker Room und wie mir die Dame an der Rezeption erklärte, ist das in Arizona mittlerweile Gesetz. Keine Raucherräume mehr. Es war jetzt erst 13.00 Uhr und ich war schon am Ziel. Das hatte ich nicht erwartet.

Ich machte erst mal Siesta und dann ging ich zu einem Denny’s Restaurant auf dem Hotelgelände. Dort gab es einen BBQ-Burger. Man muss das Zeug kennen und wissen, dass die Konsistenz des Fleisches für Europäer gewöhnungsbedürftig ist. Aber es ist unheimlich lecker. Danach lege ich mich ins Bett und versuche ein bisschen zu schlafen. Dazu ziehe ich die Vorhänge zu meinem Apartment zu.

Ich schlafe circa eine Stunde und stehe wieder auf, ziehe mich an und öffne die Vorhänge und … es schneit! Draußen schneit es. Gut es war den ganzen Tag schon etwas kalt, aber ein Schneeschauer? In Arizona ? Morgen geht die Fahrt nach Flagstaff und das liegt immerhin 2000m hoch. „Wenn es jetzt hier schon schneit, wie ist das dann erst da oben?“ fragte ich mich. Mein Mietwagen hat keine Winterreifen.

In der Kälte gehe ich nochmal zu Denny’s , um mir einen Kaffee zu trinken. Danach gehe ich wieder zurück zum Appartmemt und merke, wie mich ein kleiner Mischlingshund verfolgt. Ich rauche noch vor meinem Zimmer, weil das darin ja verboten ist, und friere ziemlich, da ich klamottentechnisch nicht auf Winter eingestellt bin. Der Hund bleibt in meiner Nähe. Da es keinen Aschenbecher gibt, werfe ich die Kippe auf den Boden und trete sie aus. Ich will mich gerade ins Zimmer begeben, als ich sehe, wie der kleine Hund kurz davor ist, meine Kippe zu fressen. „ Muss der einen Hunger haben!“ denke ich bei mir. Ich hatte aber nichts zu essen für ihn. Ich überlegte und beschloss, dem Hund klarzumachen mir zu folgen und wir beide gingen zurück zum Denny’s . Ich fragte einen Kellner, ob er in der Küche vielleicht noch ein paar Reste für den Hund hätte. Dieser sei mir nachgelaufen und sehr hungrig. Der Mitarbeiter verschwand in dem Laden. Kurze Zeit später kommt die Chefin raus. „ He will die ! “ meinte sie. „ I don’t want that dog to die“. Und sie rief die Polizei. Ich war mittlerweile, denn die gesamte Aktion dauerte eine halbe Stunde, so durchgefroren, dass ich zurück zum Zimmer musste. Es war klar, die Mitarbeiter des Restaurants würden sich um den Hund kümmern. Ich legte mich wieder ins Bett und machte Siesta.

Aber ich wollte dann doch wissen, was mit dem Hund passiert war. Ich bin noch mal zum Denny’s gegangen, hab bei der Gelegenheit einen leckeren Brownie gegessen, und nach dem Hund gefragt. Die Polizei hat ihn mitgenommen. Sie hätten heute bereits drei andere Hunde eingefangen. Als ich beruhigt das Denny‘s wieder verlasse, fängt es wieder an zu schneien. Hoffentlich wird morgen das Wetter besser.

16. Tag

Das Frühstück war an diesem Tag eher dürftig. Ich versuchte vom Hotel aus meine Eltern in Deutschland anzurufen. Immerhin schon am 16. Tag der Reise. Aber sie waren nicht da. Danach besorgte ich mir Benzin an einer Tankstelle.

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Die Fahrt ging an diesem Tag zum Meteor Crater. In grauer Vorzeit hat es hier einen Deep -Impact gegeben. Astronauten nutzten diesen Umstand, um hier auf Erden die Landung auf dem Mond zu trainieren.

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Ich fand den Krater beeindruckend. Besonders wenn man sich überlegt, was für gewaltige Kräfte geherrscht haben müssen, um hier so ein großes Einschlagsloch im Boden zu hinterlassen. Als ich dort war, war mir aber in erster Linie kalt. Es war zwar kein Schnee mehr gefallen, aber ich fror. Somit war es ganz günstig, dass es ein Museum am Crater gab, wo man sich nicht nur aufwärmen konnte, sondern auch sehr gute Musik geboten wurde. Es gab dort Downbeat zu hören. Im Souvenir-Shop hat mir eine kleine Kristallkugel aus Amethyst sehr gut gefallen, aber sie war mir zu teuer. Ich gönne mir stattdessen ein zweites Frühstück.

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In meinem Reiseführer stand, dass der Walnut -Canyon östlich von Flagstaff sehr schön sein soll. Mir war es zu kalt, um diesen Abstecher zu machen und ich fuhr direkt zum Hotel in Flagstaff . Wie gesagt liegt Flagstaff auf 2000m. Die Landschaft wurde wieder deutlich grüner. Trotz Befürchtungen lag aber dort kein Schnee. Ich war heute früh aufgestanden – was mal wieder an der Zeitverschiebung lag – und so war ich schon um 11.00 Uhr morgens an dem Hotel, wo ich eigentlich erst abends eintreffen sollte. Das Zimmer war noch nicht bezugsfertig.

Da ich nun Zeit überbrücken musste, bis ich mich ins wärmende Zimmer zurückziehen konnte, musste ich durch die Kälte von Flagstaff laufen. Ich hatte schon in Zwiebeltechnik 4 Lagen Klamotten übereinander. Ich fuhr nach Downtown . Die erste Überraschung war, dass Flagstaff viel kleiner war, als ich gedacht hatte. Die Atmosphäre in Flagstaff ist einzigartig. Es gibt dort viele New-Age-Läden. Zunächst begegnete mir ein Geschäft für Yoga. Dann wies wenig später ein Schild auf Psychic Reading hin und dazu passend gab es ein Schild für Tarot-Karten. Zu diesem Flair kamen allerhand Geschäfte und Restaurants, in denen es was Essbares gab.

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In ein Restaurant kehre ich ein. In einer Vitrine sah ich etwas, was ich hier am aller wenigsten vermutet hätte. Arabischer Hummus – Kirchererbsenmuss . Und das bei den Amerikaner ? Ich bestellte es. An den Tresen befindlich und auf mein Essen wartend sprach mich ein Mann auf Deutsch an. Dieser war Deutscher, der hier in Flagstaff lebt. Ohne dass ich das Thema angeschnitten hätte, meinte er, dass die junge Generation in Deutschland nichts mehr für die Nazis könne und das Deutschland nicht immer noch dafür zahlen müsse. Ich hielt meine Klappe, dachte an meinen letzten Urlaub in Israel und notierte mir später im Hotel den Slogan „ Nicht Schuld , aber Verantwortung“ in meine Aufzeichnungen. Auch wenn viele Menschen das in Deutschland nicht mehr hören können und wollen, industrieller Massenmord ist ein Verbrecher, das einzigartig ist in der Geschichte. Ich persönlich fühle mich auch nicht schuldig an dem, was damals passiert ist und muss das glaub ich auch nicht, aber als Mensch allgemein muss man sich für die Gattung Mensch schämen, was eigene Menschen anderen Menschen antun können. Und jeder hat als Teil der menschlichen Gemeinschaft die Aufgabe zu verhindern, dass so was sich je wiederholt.

Mit diesem Gedanken im Kopf probiert ich den arabischen Hummus und hätte es eigentlich schon nach den ersten Biß wegstellen sollen. Anscheinend hat jemand Kichererbsen mit Knoblauch verwechselt. Ich aß trotzdem die Hälfte und ließ es dann aber endgültig stehen und ging.

Zunächst ging es noch, aber nach einer halben Stunde, in der noch durch einen weiteren Straßenzug von Flagstaff geschlendert bin, rebellierte mein Magen. Und ich suchte händeringend nach einer Möglichkeit, diesen widerlichen Knoblauchgeschmack loszuwerden. Ich ging in ein Cafe, um zunächst das Problem mit einem anderen menschlichen Bedürfnis zu lösen und kaufe mir danach dort einen Muffin mit Apfel. Er schmeckte ganz gut. Aber der Knoblauch war stärker und kam kurz nach dem Essen wieder durch. Mir war schlecht und mir war kalt. Ich machte noch eine Makroaufnahme und fuhr zurück zum Hotel, wo das Zimmer mittlerweile bezugsfähig war.

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Bevor ich im Hotel ankomme, hatte ich das Problem zu lösen, dass man die Straße aus Downtown nur rechts herum verlassen durfte, während sich das Hotel in der linken Richtung befand. Ich fuhr an der nächsten Kreuzung auf die Linksabbiegerspur, um irgendwie in die andere Richtung zu kommen und möglicherweise einen Platz zum Drehen zu finden. Vor mir war noch ein Auto. Es wurde grün an der Ampel, die über der Spur hing. Der Wagen fuhr an und fuhr über die Kreuzung. Ich wollte es ihm gleich tun. Ich fuhr in die Kreuzung und dann schaltete die Ampel auf Rot und der Gegenverkehr bekam grün. Ich stand noch mitten in der Kreuzung. Ich ließ den Gegenverkehr vorbei und bog ab. Ich verfuhr mich aber wieder, weil ich nicht sofort drehen konnte und kam an eine weitere Kreuzung. An der war rot. Neben mir hält ein Polizeiwagen und der Beifahrer machte mir klar, dass ich die Scheibe runter kurbeln sollte. „ You ran over red ! “ erklärte er mir. Ich versuchte zu erklären, dass der Gegenverkehr usw.. „ You ran over red ! “ war immer wieder die Antwort. Aber der Polizist, der erkannte, dass ich Touri war, war gnädig und beließ es bei einer Ermahnung. Nur, wie hätte ich mich richtiger Weise verhalten müssen? Ich weiß nicht, was ich hätte anders machen sollen. Im Hotel besprach ich dieses Problem mit der Rezeption und diese erklärte mir, dass in den USA jede Stadt ihre eigenen Verkehrsregeln hat. Sie konnte aber auch nicht erklären, was ich hätte tun sollen. Ich machte Siesta.

Am Nachmittag schlenderte ich noch ein bisschen durch die Umgebung meines Hotels und entdeckte ein paar Blocks weiter einen Imbiss und ich aß dort ein Stück Kuchen. Chocolate Cheese . Klingt erst mal nicht lecker, aber das war es. Aber auch das half gegen den penetranten Knoblauchgeschmack nur bedingt. Danach war mir aber wenigstens nicht mehr ganz so schlecht.

Ich machte wieder Siesta, löste ein bisschen von dem japanischen Heilpflanzenöl in Wasser auf, um endlich diesen Geschmack zu vertreiben und meinen Magen zu beruhigen. Danach konnte ich abends die Fried Shrimps in dem Cafe genießen. Die Rips dazu waren auch sehr gut. Mit immer noch unruhigem Magen beschließe ich den Tag mit einem kleinen Rennspiel, dass ich durch Zufall auf meinem Handy entdeckt hatte. Morgen ist der große Tag.

18. Tag

Das Frühstück war heute ganz gut, auch wenn die Fürchte wohl aus der Dose kamen und nicht frisch waren. Danach begann der Dreikampf mit Benzin und Wasser. An der ATM in der Tankstelle hing ein Schild „Out of Order“. Ich fragte nach, wo es denn noch eine weitere ATM gäbe. Man erklärte mir, dass das Schild nicht mehr aktuell sei und die Maschine funktionieren würde.

Mein erstes Ziel an diesem Tag war der Nationalpark am Sunset Crater. Etwa auf halber Strecke musste ich Krach mit meinem Navi anfangen, weil es mich in eine nicht asphaltierte kleine Straße schicken wollte. Mit einem nicht Off-Road geeignetem Auto erschien mir das zu riskant. Ich folgte weiter der Hauptstraße. Das war richtig so, denn ich erreichte wenig später den Park und bezahlte $5, um die einzige Straße hindurch zu fahren. Kurze Zeit später hielt ich an, um zu Fuß einem Rundweg durch ein ehemaliges Lava-Feld zu folgen. Der Sunset -Crater gehört zu einem Vulkan.

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Ich hatte noch nie auf Vulkansand gestanden und dieser schwarze Untergrund wirkte sehr ungewöhnlich. Es kam das Gefühl hoch, in einem Negativbild zu sein, weil ich Sand immer als hell, manchmal sogar weiß im Bildergedächtnis abgespeichert habe.

Die Fahrt ging weiter die einzige Straße durch den Nationalpark entlang, der bald den Namen Wupatki National Monument tragen sollte.

Die Gegend wurde trockener und einsamer. Um mir Nikotin zuzuführen, hielt ich am Seitenstreifen an und stieg aus dem Auto aus. So etwas, wie ich dann erlebt habe, habe ich bis dahin nicht und ab dann nie wieder erlebt. Es war die absolute Geräuschlosigkeit. Pure Stille. Keine anderen Autos oder Menschen, kein Wind und keine Tiere. Kein Knarren, kein Knistern, absolut nichts. Wenn ich mich bewegte, waren nur meine eigenen Schritte zu hören. Es macht andächtig. Mich hatte diese Erfahrung beeindruckt. Seitdem ich das Nicht-Hören hier erlebt habe, achte ich mehr auf Geräusche und nehme auch kleine Töne besser wahr. Ich bin dadurch achtsamer mit meiner Umwelt geworden. Absolute Ruhe.

Ein Stück weiter des Weges sind dann wieder Menschen, die sich eine Ruine angucken, die von Indianer stammt, die hier auch Häuser gebaut und in Gemeinschaften gelebt haben.

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Mich begeistert vor allem die Farbe des roten Gesteins im Kontrast zu den grünen Sträuchern. Es ist friedlich und ruhig hier. Und ziemlich trocken. Nicht weit von diesem Ort entfernt gab es ein Visitor Center, hinter dem sich noch ein paar Ruinen eines Dorfes der Indianer befanden. Diese waren an einem Berghang gebaut und mir pfiff bei Rückweg berghoch die Lunge, als ich dem Trail folgte.

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Der Weg des heutigen Tages führte mich weiter durch den Nationalpark bis zu dessen Ausgang. Dann ging es weiter eine Landstraße entlang bis zu einer Kreuzung, an der sich ein Deli -Restaurant fand. Darin gab es Burger und die Bedienstete war eine Indianerin. Das war das erste Mal, dass ich einem Native-American gegenüber stand. Das ganze Restaurant wird von Natives betrieben. Es lag nicht daran, sondern an der doch etwas abseits gelegenen Lage des Restaurants, dass ich mir Gedanken über die Frische der angebotenen Speisen machte. Diese Sorge war aber völlig unbegründet, denn der Hamburger mit Fritten schmeckte gut.

Eine Frau mit 4 Kindern kam ins Lokal, während ich aß. Ein kleines Mädchen, ich schätze 4 oder 5, spielte mit ihrer Mimik und ihren Augen mit mir, schaute ständig in meine Richtung und lächelte. Offensichtlich hatte sie keine Angst vor dem dicken, bärtigen Europäer und war unvoreingenommen. In meinen Gedanken war es mir nun peinlich, die anderen Anwesenden, die auch Natives waren, in durch Vorurteile geprägte Schubladen gepackt zu haben. Kinder machen so etwas nicht.

Ich setzte meine Fahrt fort und kam zu einem Scenic -View, wo ich nur kurz ein paar Fotos schießen wollte. Aber um auf den Parkplatz zu kommen, musste ich $2 bezahlen. Ich habe noch versucht zu erklären, dass ich nur ganz kurz halten wollte, aber ich musste bezahlen. Diese zwei Dollar haben sich aber richtig gelohnt.

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Und dann kam das Highlight des Tages und vielleicht sogar das Highlight des gesamten Urlaubes:“ Der Grand Canyon.“ Ich fuhr von der Ostseite in den Nationalpark ein und musste $25 bezahlen. Mein erster Stopp war am Watchtower . Dort kaufte ich mir einen Kaffee. Von der Bank, auf der danach saß, konnte man in die Schlacht sehen. Ich saß da und stellte fest : „ Ja, ich habe es geschafft. Niagara Fälle und Grand Canyon in einer Tour.“ Während ich den Kaffee schlürfte, sah ich immer wieder in diese Schlucht. Natürlich hat man schon etliche Fotos und Filme über den Grand Canyon gesehen und man weiß in etwa, wie er aussieht, aber diese Dimension kann man nur verstehen, wenn man am Rand des Abgrundes steht.

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Ein Farbiger mit Familie kam des Weges, während ich noch meine Kaffee trank und sagt:“ This is a big , old hole in the Earth“. Besser kann man den Grand Canyon nicht erklären.

Ich hielt noch an verschiedenen Aussichtspunkten, wobei mir auffiel, dass es nicht so voll war, wie ich befürchtet hatte. Parkplätze sind aber dennoch rar. Im Village am Grand Conyon besuche ich das Visitor Center, weil ich immer noch auf der Suche nach dem berühmten Skywalk war. Aber dort gab es kein Hinweisschild darauf. Es wurde nur Bustour in westlicher Richtung am Canyon entlang angeboten. Ich habe überlegt, die rote Tour mitzumachen, aber es war jetzt schon zu spät dazu.

Weiterhin sehr beeindruckt von der Kulisse machte ich mich auf den Heimweg zum Hotel in Flagstaff . Allerdings hatte ich mir noch einen kleinen Umweg vorgenommen, denn ich wollte noch nach Williams, um endlich meine alte Freundin wiederzutreffen, die Route 66, die quer durch Williams verläuft.

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Bei einem Spaziergang durch Williams entdecke ich ein Gebäude mit roten Laternen. Offensichtlich diente dieses Haus früher den vielen Reisenden zur ganz besonderen Entspannung. Heute ist es ein Souvenir-Geschäfte , in dem ich endlich mein T-Shirt von der Route 66 kaufen konnte, weil sie meine Größe hatten. Ich aß noch in Williams zu Abend. Rips und Fries standen mal wieder auf den Speiseplan. Das Essen war nicht wirklich schlecht, aber auch nach fast 3 Wochen werde ich mit dem amerikanischen Essen einfach nicht warm. Danach fahre ich zurück nach Flagstaff .

Ab jetzt beginnt für mich die Heimreise.

19. Tag

Das Frühstück ist ähnlich wie gestern und ich esse nur wenig. Der neue Tag begrüßt mich mit Schnee. Auf der I-40 in westlicher Richtung herrschte dichtes Schneetreiben.

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Ich fuhr wieder nach Williams und dort schien die Sonne. Mein erstes Ziel war wieder das Haus mit den roten Laternen, um darin … zu frühstücken. Denn zum dem Andenkenshop gehört auch eine Bäckerei. Dort gibt es Bagel mit Cheese Cream . Endlich mal wieder was Leckeres zwischen den Zähnen. Und nun hat sie mich wieder, die alte Geliebte, die Route 66. Allerdings hab ich meine Mütze verloren, die zweite, die als Backup gedacht war. Das kann in der Wüste noch zu Problemen führen.

In Seligman hat sich mal wieder ein Heimatverein um den Erhalt der Hauptstraße Amerikas gekümmert. Es ist wieder diese typische Mischung aus überbordenden Kitsch und Nostalgie, gepaart mit ein bisschen Verfall, was die Route so einzigartig macht.

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Es gab viele schöne alte Autos aus der goldenen Zeit der Route zu bestaunen und wie man sieht, keine Schneeflocke weit und breit.

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Das ist einfach, dreckiger Rock’n’Roll. Hier muss man einfach AC/DC hören, wenn die Straße fährt. Ich folge dem historischen Asphalt weiter in Richtung Wüste. Ich war jetzt aus den Rockies raus und die Wüstenlandschaft lag vor mir. Es wird hier auch deutlich wärmer.

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Die Gegend ist staubtrocken und einsam. Aber da immer mal wieder ein Truck vorbeikommt, hat man nicht das Gefühl, die Zivilisation zu verlassen. In Peach Springs esse ich einen Tripple-Sandwich mit Salat. Es gab dazu Honey-Mustard -Dressing. Also Senf und Hönig zusammen auf einem Salat. Das schmeckt sehr gut.

Mein heutiges Ziel ist Kingman Und obwohl es gegen das Gesetz ist, bekomme ich dort im Hotel ein Raucherzimmer. Ich aß ein Eis in einem JB’s Restaurant, das direkt neben dem Hotel liegt, nachdem ich mich etwas ausgeruht hatte.

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Blumen in der Wüste. Ein schöner Anblick nach dem ganzen Staub der Straße. Auch am Pool darf man rauchen, so dass ich den Rest des Tages draußen unter freiem Himmel dort verbrachte. In der Sonne war es warm. Aber wehe sie ging weg, denn dann war es ziemlich kalt, obwohl ich in der Wüste war.

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Nachdem ich ordentlich durchgefroren war, bin nochmals zu JB’s , um zu Abend zu essen. Die Salatbar war o.k. Die Wassermelone war kalt, frisch und ob des Staubes hier, einfach nur lecker. Es gab Fried Shrimps, die zwar mit Cocktail-Sauce angekündigt waren, aber wohl eher mit Ketchup serviert wurden. Dazu gab es Fries und ungewöhnlicher Weise kein Refill bei den Getränken. Ich nehme anschließend noch einen Kaffee to go mit, setze mich an meinen Pool, friere trotz Pulli und anspanne mich ansonsten. Die Dämmerung setzt ein.

20. Tag

An diesem Tag bin ich früh aufgewacht. Da aber die heutige Etappe eher kurz ist, drehe ich mich nochmal um, und frühstücke dann recht spät. Das Frühstück war ganz gut, denn es gab den schon klassischen Bagel mit Cheese Cream . Ich tanke lieber nochmal voll, auch wenn ich eigentlich noch genug Reserven im Tank hab, denn heute geht es durch richtige Wüste. Heute geht es nach Barstow . Das ist der heißeste Ort der USA und der liegt in Kalifornien.

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Die Landschaft ist sehr karg. Es ist gebirgiger, als ich erwartet hatte. Und es ist nicht ganz so trocken wie eine echte Wüste, wie die in Jordanien zum Beispiel. In Ludlow mache ich eine Pause in Mitten von Nichts. Gestern Abend wäre ich beinahe am Pool erfroren, und heute entwickelt sich die Fahrt immer mehr zu einer Hitzeschlacht. Ich freue mich, in dieser heißen, trostlosen Gegend mein Hotel schon gegen Nachmittag zu erreichen, bevor die Sonne mich endgültig durchgebraten hat. Obwohl ich nun in Kalifornien bin, bekomme ich tatsächlich ein Raucherzimmer. Ohne die AC im Zimmer, ist das Wetter nicht zu ertragen. Von hier aus starten auch die Touren in das berüchtigte Tal des Todes, aber mir ist es hier schon heiß genug.

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Am späteren Nachmittag will ich nur mal kurz die Straße herunter zu einem Denny’s , um was zu essen, aber ich schaffe es kaum dort anzukommen, den hinter der Windschutzscheibe im Auto ist die Sonne unerträglich. Es ist so heiß, dass ich das Lenkrad nicht lange anfassen kann und die Hand wechseln muss. Ich esse BBQ Chicken .

Wieder zurück im Hotel mache ich das erste Mal, seit dem ich in den Staaten bin, den Fernseher an und bekomme mit, dass irgendjemand am Times Square eine Autobombe zünden wollte, aber geschnappt wurde. Außerdem wurde von einer Öl-Plattform berichtet, die in die Luft geflogen sei. Und im Hotel kann ich eine Mütze kaufen, die mein Hirn vorm Durchschmoren bewahren soll. Ich habe eine ausgeprägte Stirn.

Als dann endlich die Dämmerung einsetzte, saß ich mal wieder an einem Pool, denn die Temperaturen normalisierten sich, sobald die Sonne weg war. Es war sehr angenehm dort. Ich bilanzierte für mich die Reise. Morgen folgt das große Finale: L.A. Es geht ein kleiner Wind und die Palmen winken im Dämmerlicht. Es ist schön und ruhig hier.

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21. Tag

Also heute ist der Tag des großen Finales. Das Frühstück ist normal gewesen. Nach dem Frühstück fand der übliche Dreikampf statt und danach ging es quer durch die Wüste. In derselben machte ich unterwegs Pause und trank einen Iced-Coffey . Obwohl ich wohl weislich früh unterwegs war, um ja nicht in der Mittagshitze noch hier zu sein, waren die Temperaturen schon wieder sehr hoch. Die Abkühlung mit dem Iced Coffey tat also ziemlich gut.

Danach ging es hinunter in das kalifornische Becken und ich erreichte den Bezirk San Bernadino .

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In Pasadena, ein Name der wie Musik in den Ohren klingt, mache ich Pause. Ich war jetzt im Land der Hippies. Auch wenn ich keine hanfgefüllte Zigaretten dabei hatte, brachte mich die Vorstellung in Kalifornien zu sein, in eine Art Glücks und Rauschzustand. Die Wüste war nun Geschichte. Wahrscheinlich kann man dieses Gefühl nicht nachempfinden, wenn man mit dem Flieger direkt nach L.A. kommt, aber diese etlichen Meilen durch den Staub und der Einsamkeit der Wüste machen es zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ich bin im goldenen Westen.

In Pasadena gibt es einen schönen Garten, der zur Hunctington Libary gehört. Das ist der ultimative Kick. In der Wüste hat man kaum einen grünen Strauch gesehen und nun geht es in einen botanischen Garten mit unendlich vielen Blumen und vielen Pflanzen. Schon der Weg dahin war traumhaft.

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Die Reichen und Schönen in den USA wollen mit dem gemeinen Fußvolk nichts zu tun haben. So ziehen sie sich in Oasen zurück, die sie mit Zäunen und Mauern umgeben. Auf dem Weg nach Pasadena bin ich die I-40 gefahren, an der links und rechts hohe Mauern waren. Ich kam mir vor wie damals in der DDR auf einer Transit-Autobahn.

Ich erreichte Hunctington Libary und musste feststellen, dass sie geschlossen hatte. Ein Schild wieß darauf hin, dass erst ab 12.00 Uhr Einlaß gewährt würde. Ich nutzte die Zeit um im Ort zu speisen. Mein Navi führte mich zielsicher zu einem Denny’s Restaurant, wo ich BBQ Chicken zu mir nahm. Ich fuhr danach zurück zur Libary , aber obwohl nun mittlerweile nach 12 Uhr war, war das Tor verschlossen . Ich schaute mich um und las noch mal genauer. „Geöffnet außer dienstags“, stand da, und an diesem Tag war natürlich dienstags. Da ist der Running Gag aus Spanien wieder, den ich schon fast vergessen hatte.

In meinem Reiseführer stand, dass um eine bestimmte Straße herum das Leben in Pasadena nur so sprudelte und sich dort das öffentliche Leben abspielt. Zunächst war das nur ein Block, was recht wenig ist für eine so bekannte Stadt. Da war ich schon enttäuscht. Ich dachte: „ Ja, Kalifornien, Menschen mit Gitarre singen den ganzen Tag bekifft Lieder und sind locker drauf.“ Ich fand nur ein italienisches Straßencafe an einer stark befahrenen Straße. Der Kellner kommt raus, und fragt, was ich trinken wollte. Ich dachte, da ich jetzt zurück in der Zivilisation bin, brauche ich endlich nicht mehr dieses Gebräu trinken, was die Amerikaner Kaffee nennen. Ich bestellte einen Cappuchino . Der Mann guckt mich an, als wäre das das Erkennungszeichen der örtlichen Mafia und sagt dann: „ Cappuchino , sowas gibt es hier nicht.“ Es war jetzt kein China-Man, wo ich das bestellen wollte, sondern ein Italiener. Ich orderte also wieder diesen amerikanischen Kaffee und ging recht schnell, nachdem ich ihn auf hatte. So toll ist Kalifornien auch wieder nicht.

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Ich wollte natürlich die Route 66 bis zum Ziel nehmen, hab mich aber trotz Navi , das die Route immer noch nicht kennt, wieder verfahren. So kam ich über eine andere Straße aber schließlich doch dort an, wo schon so viele vor mir angekommen sind: „Am Ende der Route 66, am Santa Monica Pier.“ Ich parke den Wagen vor dem Bogen und gehe die letzten Meter zu Fuß.

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Am Ende des Piers ist ein alter Vergnügungspark, der seine beste Zeit wohl auch hinter sich hat. Das Wetter hätte sicherlich auch besser sein können, denn es war ein wenig Dunst. Aber ich war da.

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Ich gehöre dazu. Ich bin die Route von Chicago bis L.A. gefahren. Und nun bin ich nach der Wüste endlich am Meer. Ich habe den Pazifik erreicht. Es ist atemberaubendes Gefühl nach all den Kilometern hier über das Pier zu schlendern.

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Ich aß im letzten Restaurant der Route 66 einen Burger. Dann verließ ich etwas zögerlich das Pier, ging zu meinem Wagen, verfuhr mich wieder entsetzlich, weil es hier nur Einbahnstraßen gab und kam dann in meinem Hotel an. Ich stellte fest, zu Fuß brauchte man keine 5 Minuten zum Pier. Der Portier parkte meinen Wagen. Ich bekam ein Raucherzimmer.

Das Raucherzimmer war auch bitter, denn draußen in Santa Monica Pier war quasi überall rauchen verboten. Am Strand, am Pier und an der Strandpromenade. Nirgendwo durfte man rauchen. So sind die Gesetze halt in Kalifornien.

Abends gehe ich noch ein bisschen spazieren und lande auf der 3rd Street. Das ist sowas wie die Kö in Düsseldorf. Eine Fußgängerzone mit Geschäften für Leute, die etwas mehr verdienen als ich. Geschäfte wie Gucci und so reihen sich aneinander. Es gibt allerdings dort auch Life-Musik zu hören. Ein Typ musizierte auf eine Gitarre, die aber keine klassische Hippie-Mucke von sich gab, sondern eher nach Grunge klang. So etwa alle 50 Meter war ein anderer Künstler, und nicht weit entfernt versuchte ein Jazzsägerin ihr Publikum zu erreichen. Ich fand sie so gut, dass ich eine CD von ihr kaufte (Anmerkung : Ich habe diese CD nach dem Urlaub nur einmal noch gehört. Es war wohl eher die Atmosphäre, weniger die Musik, die mir gefiel).

Auf dem Weg zurück zum Hotel entdecke ich ein Geschäft, in dem es echte Furchtsäfte und Sandwiches mit Brot aus Körnern gab. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie lecker echtes Brot sein kann. Abends ist die 3rd Street schön beleuchtet. Die Zivilisation hat mich wieder. Halb bin ich glücklich darüber, (schöne Musik, echtes Brot) halb traure ich der Stille der Wüste nach (Die absolute Stille und die unendliche Weite der Great Plains). Zwischen diesen ganzen Modelabels komme ich mir an diesem Abend wie ein Fremdkörper vor.

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22. Tag

Das Frühstück war richtig schlecht, und sowas schreibe ich selten. Aber zum Glück hatte ich ja meinen Öko-Laden gefunden und konnte wieder richtiges Brot und frischen Jogurt mit Fürchten essen. In Kalifornien an Zigaretten zu kommen ist nicht so ganz einfach, aber ich fand dann schließlich am Ende der 3rd Street einen Drugstore.

Ich hätte alles machen können an diesem zusätzlichen Tag L-A. Ich hätte nach Hollywood fahren können und mir Studios angucken. Ich hätte den Walk of Fame besichtigen können oder einfach nur nach Downtown fahren können. Ich hab all das nicht gemacht, sondern bin zum Pier und hab mich auf eine Bank gesetzt und auf das Meer geschaut. Ich hatte mir einen Kaffee to go mitgenommen. Ich saß da, beobachtete die Wellen und ab und zu mal eine Möwe. Um nichts in der Welt wollte ich jetzt in die Hektik einer Millionenstadt eintauchen.

Nach einigem herumschlendern am Pier hatte ich tatsächlich eine Raucherzone gefunden, in der sich auch noch eine Bank befand, von der aus man aufs Meer blicken konnte. Die unendliche Weite des Ozeans lag vor mir. Hier ist so viel Wasser. Das Wetter war besser als gestern. Der Dunst hat sich verzogen. Die Welt ist mir so schnell geworden. Hier am Wasser dreht sich etwas langsamer – und genau das brauchte ich nun.

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In dem japanischen Imbiss am Pier gab es in einem Aquarium lebende Krebse zu bestaunen. Ich habe dort nichts gekauft. Der Höhepunkt dieses ruhigen Tages war ein Imbiss in der Nähe des Piers, wo es Hot Dog on a Stick gab. Wie ein Eis am Stiel, gab es dort Hot Dog am Stiel und das schmeckte gar nicht mal schlecht. Wenn Sie mal da sind, probieren Sie die Fresh Lemonade dazu. Sie schmeckt herrlich.

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Ich schlendere noch durch die 3rd Street und lausche wieder einigen Musikern. Eine Frau hat es mir besonders angetan. Sie hieß Amy May (es gibt ein paar Videos auf Youtube von ihr). Eine CD hab ich nicht mehr gekauft. Ich nehme Abschied von L.A. und setze mich wieder ans Pier, diesmal mit einem Sandwich aus dem Öko-Laden. Danach folgt das Unvermeidliche. Ich muss meine Tasche packen. Morgen geht es zurück nach Good –Old-Germany, was im Moment nicht nur geographisch sehr, sehr weit weg ist.

23. Tag

Der Rückflug ist erst abends um 20.00 Uhr. Um den Tag noch irgendwie sinnvoll zu verbringen, hatte ich mir für heute doch noch ein wenig Downtown vorgenommen. Ich wollte gerne in das berühmte MOCA. Ich bin auch hin, aber ich bin auch enttäuscht davon. Hier gab es zwar auch zeitgenössische Kunst zu bestaunen wie in Santa Fe , aber eben alles Künstlers, die berühmt sind und schon zum Establishment gehören. Da hat der Hauch von kreativer Anarchie gefehlt. Mir jedenfalls.

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Gegen 14.00 Uhr hab ich meinen Mietwagen am Flughafen L.A. abgegeben und bin mit dem Pendelbus zum Hauptgebäude. Auf meinem Ticket stand, dass ich mit Delta Airlines zurück fliegen würde und zwar mit einem Zwischenstopp in Paris. Als ich am Schalter von DA ankomme, erklärt man mir, dass Delta Airline nicht nach Paris fliegt. Es stellte sich heraus, dass der Rückflug mit Air France erfolgen sollte. Jener Fluglinie also, deren Maschine vor Brasilien abgestürzt war, weil sie ein Blitz getroffen hat. Ich musste nun irgendwie zum Schalter von Air France kommen. Das ging recht einfach mit dem nächsten Shuttle-Bus. Danach folgte das übliche Prozedere mit den Sicherheitskontrollen und dann folgte eben wieder warten, bis endlich das Boarding erfolgen konnte.

Alles schien ganz normal. Wir hoben irgendwann ab und nach einiger Zeit begann die Crew damit, Essen auszugeben. Als etwa die Hälfte der Gäste mit Essen versorgt war, kam ein Hinweis vom Piloten, wir sollten uns anschnallen. Die Essensausgabe wurde abgebrochen und auch die Stewardessen nahmen einen Sitzplatz ein und schnallten sich an. „ Wir werden durch ernsthafte Turbolenzen fliegen, bitte anschnallen!“ meinte der Pilot kurze Zeit später. Und es folgten die heftigsten Turbolenzen , die ich je erlebt habe. Und wir flogen mit einer Air France Maschine quer durch eine Unwetterfront.

Die Turbolenzen dauerten etwa eine Stunde und wurden von ruhigen Phasen unterbrochen, was aber den Nachteil hat, dass ich jedes Mal dachte, es sei jetzt vorbei, aber dann ging es doch wieder los. Zwischendurch hab ich auch mal gedacht, das war‘s jetzt. „Pazifik sehen und Sterben.“ Aber nach einer Stunde war es wie gesagt vorbei. Schlafen im Flieger kann ich eh nicht gut, nun ging das gar nicht.

Ich kam dann gegen 10.00 in Paris an. Von dort hätte ich meinen Anschlussflieger nehmen sollen, aber durch das Unwetter haben wir uns so verspätet, so dass ich den Flug nicht mehr bekam. Man konnte mich auf die Abendmaschine buchen, so dass ich um 18.00 in Düsseldorf gelandet bin (Ortszeit). So platt, wie nach diesem Tag war ich lange nicht mehr… und ich bräuchte dringend mal wieder Urlaub…


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